Wir müssen Wächter der Freiheit bleiben
von FELIX HONEKAMP
The GermanZ ist nun schon eine Weile wieder am Start und auch mich zieht es erneut hierher. Denn was der deutschen Medienlandschaft fehlt, gerade auch in ihren konservativen Enklaven, ist eine libertäre Stimme. Der Herausgeber von The GermanZ, Klaus Kelle, ist zurecht stolz auf eine bunte Mischung von Teilnehmern seiner jährlichen „Vollversammlung der wahren Schwarmintelligenz“ – inklusive Vertretern wie André F. Lichtschlag vom libertären Magazin „eigentümlich frei“. Da braucht es, so bin ich überzeugt, auch hier eine Entsprechung.
Denn die Freiheit, „das einzig wahre Menschenrecht“, wie es der libertäre Vordenker Roland Baader formuliert hat, „das Recht in Ruhe gelassen zu werden“, steht heute so niedrig im Kurs wie selten. Und den Freiheitsfeinden kommt derzeit ein Argument gelegen, das für alles herhalten muss, was sich der Feld-Wald-und-Wiesen-Kollektivist und -Sozialist so ausdenkt: Corona. Nun kann man sich ja durchaus Gedanken machen, ob grenzenlose Freiheit in Zeiten einer Pandemie immer angeraten erscheint. Wobei deren Kritiker mit „grenzenloser“ Freiheit meist auch eine Freiheit von Verantwortung meinen, die dem Libertären fern liegt: Wer seine Freiheit nutzt, der muss sich auch der Verantwortung für seine Entscheidungen und Taten stellen, und ist insbesondere auch dafür verantwortlich, wie sich sein Freiheitsgebrauch auf andere auswirkt, die in gleicher Weise das Recht haben, in Ruhe gelassen zu werden. Mit Freiheit argumentieren, wenn ich mich in einer Pandemie den anderen gegenüber unverantwortlich verhalte – das ist nicht libertär, das ist asozial.
Trotzdem machen die Maßnahmen stutzig, die sich die politische Klasse in den vergangenen Monaten so ausgedacht hat. Man kann zugestehen, dass Politiker auch nur Menschen sind, und insofern anfällig für Fehlentscheidungen oder Übertreibungen, wie sie unser Gesundheitsminister Jens Spahn jüngst eingeräumt hat. Das ehrt ihn … beantwortet aber nicht die Frage, wer für solche Fehlentscheidungen nun eigentlich haftet? Wenn staatlicherseits der Einzelhandel massiv eingeschränkt wird und dabei berufliche Existenzen vernichtet werden, wer haftet dann? Die „zuständigen“ Politiker offenbar nicht.
Und wenn nun Menschen gegen diese und die weiterhin bestehenden „Schutzmaßnahmen“ aufbegehren, aus dem schlechten Bauchgefühl heraus, dass sich die Regierung (inklusive eines Großteils der von ihr kaum unterscheidbaren Opposition) hier Kompetenzen anmaßt, die ihr nicht zustehen; wenn diese Menschen dann von der Politik und dem Großteil der beifallspendenden Medien in die rechte Ecke gestellt oder als Covidioten bzw. Verschwörungstheoretiker zuerst verunglimpft und dann kriminalisiert werden; wenn diese Menschen um ihre berufliche und soziale Existenz fürchten müssen, weil man sie in einer Art Kontaktschuld in den gleichen Topf wie echte Rechtsextremisten wirft, dann ist, wie es der Musiker Marius Müller-Westernhagen einmal in anderem Zusammenhang beschrieb, Freiheit wieder abgeschafft.
Der Hinweis darauf, dass doch weiterhin jeder sagen dürfe, was er wolle, dass er dann aber auch dafür, ganz freiheitlich, die Konsequenzen zu tragen habe, ist an dieser Stelle dreist. Denn hier macht sich eine Seite von Demokratie bemerkbar, die deren Verfechter, zu denen ich mich auch zähle, nur dann, wenn es gelegen kommt, sehen: Wenn nur der Wille der Mehrheit –man darf davon ausgehen, die Mehrheit der Deutschen die staatlichen Corona-Maßnahmen befürwortet – zählt, dann wird die Minderheit – die sich in den Kritikern dieser Maßnahmen wiederfinden – unterdrückt und mundtot gemacht. Da ist ein schmaler Grat zwischen der Freiheit eines Unternehmens und Auftraggebers, nur denjenigen für sich tätig sein lassen zu wollen, dem man auch politisch nahesteht, und dem gesellschaftlichen Ausschluss missliebiger Personen und Positionen, der dazu führt, dass Menschen ihren Job oder Aufträge verlieren, weil sie eine abweichende Meinung haben, die mit ihrem Beruf weiter gar nichts zu tun hat. Dieser Zustand geht natürlich weit über das Thema Corona hinaus und hat in dem Schlagwort „Cancel Culture“ einen Namen gefunden. Aber Corona wird zu einem Vehikel, solche repressiven gesellschaftlichen Mechanismen gegen alles, was nicht dem Mainstream entspricht, zu rechtfertigen. Da ist Wachsamkeit, der Preis für die Freiheit, gefordert.
Und darum schreibe ich wieder hier.
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Klaus Kelle, Chefredakteur