Wo bleibt eigentlich die Entschuldigung an Till Lindemann?
von UWE SCHNEIDER
Gründer und Gitarrist der Rockband „The Teens“
BERLIN – „Ging es da wirklich so wild zu? Gehört „Row Zero“ bei Rockstars nicht überall dazu? Kreischende junge Mädchen beim Konzert ganz vorn, und nach der Show in Schlange anstehend, um zur Party danach reingelassen zu werden?“ Das wollte Klaus von mir wissen.
Als es um die Vorwürfe sexuellen Missbrauchs gegen Rammstein-Frontmann Till Lindeman ging, fiel mir sofort der Fall Kachelmann ein.
Sie erinnern sich, der einst omnipräsente ARD-Wetterfrosch, der 2010 seine damalige Freundin misshandelt haben soll und recht schnell medienwirksam in Untersuchungshaft verbracht wurde. Es folgten tägliche Berichte im Vorfeld des Prozesses und später direkt aus dem Gerichtssaal. Und aus jeder geschriebenen Zeile tropfte bereits die erwiesene Schuld als Lebenssaft, des vom Schwert des Damokles erlegten Übeltäters.
Haupt-Hofberichterstatterin war seinerzeit die Emanzipierungsikone, Frauenrechtlerin und Steuerhinterzieherin Alice Schwarzer, die in diesem Fall exklusiv für die Kollegen der BILD in eigner Objektivität über ihre tägliche Vorverurteilungen schrieb. Im Grunde ging es nur um „wie tief kann ein Mann noch sinken und wie hoch wird wohl die Strafe sein?“ Als dann Claudia D. als seinerzeit verlassene und deshalb entsprechend beleidigte Ex irgendwann gestehen musste das ihr die Tatvorwürfe aus dem Reich der Fabel entsprungen waren, brachte dies Kachelmann zwar aus dem Knast und auch aus den Schlagzeilen, aber nicht nur seine ARD-Jobs waren zwischendurch „verschwunden“. Ein Wort der Entschuldigung? Fehlanzeige.
Aktuell läuft das genauso
O.k., besser lief mit Comedian Luke Mockridge. Dessen Lebensgefährtin bezichtigte ihn der körperlichen und sexuellen Gewalt und anderer böser Dinge. Mockridge kam zwar nicht in U-Haft, sagte aber seine Tour ab, die SAT.1-Show wurde nicht fortgesetzt und, na klar, auch prominente Show-Kollegen waren mit dem bekannten Moralfinger da, um auf den vermeintlichen Übertäter zu zeigen.
Während im Fall Kachelmann Frau Schwarzer mit der BILD das Zepter der Gerechtigkeit schwang, war es im Fall Mockridge die „lustige“ Schweizerin aus der „Heute Show“, Hazel Brugger. Ich schreibe bewusst „lustig“, weil das vermutlich nicht für jeden sofort erkennbar ist. Wenn sie Hazel Brugger fragen würden, ob sie Spaß an ihrer Arbeit hat, würde sie vermutlich „ja“ antworten. Und dann müsste man – in Kurt Krömer-Manier – „na denn sag dit mal dein Jesicht“ erwidern. Apropos „widern“.
Die Causa um den angeblich brutalen Kollegen Mockridge hat Frau Brugger offenbar sehr angewidert, denn sie äußerte sich entsprechend öffentlich und als Krönung trug sie beim Comedypreis (bei dem Mockridge nicht anwesend war) ein T-Shirt mit der Aufschrift „Konsequenzen für Comedian XY“ und lies sich dafür in ihrer Fangemeinde feiern. Kollegialität unter Menschen mit Toleranz und Spaß. Mockrigde, als junger erfolgreicher und von jungen Damen umgarnter Allroundkünstler, hatte – wie viele Männer in diesem Alter seine Bluthunde der Fleischeslust nicht ganz im Griff und so nahmen diese wohl Fährte auf, zur seinerzeit Singleduftstoffabsondernden Lena Meyer-Landruth.
Dummerweise geschah dies zu einer Zeit, als Mockridge mit der „deutschen Hörfunkjournalistin, Podcasterin und Komikerin“ (Aha!) Ines A. liiert war. Diese erfuhr aber erst „jetzt“ davon, den LMJ ist mittlerweile mit Sänger Mark Forster verehelicht. Ines, die Komikerin, Influencer usw, die gekränkt war, wusste sich nicht anders zu helfen und beschloss, ihren einst (mindestens gedanklich) untreuen Lover öffentlich zu demütigen. Dies hat das Gericht auch jetzt festgestellt und alle Anschuldigungen gegen Mockridge fallengelassen.
Frau Brugger blieb dabei zunächst erstaunlich still. Statt einer Entschuldigung, beschwert sie sich aktuell über eine Drohkulisse der Mockridge-Fans. Wie man in den Wald ruft…
Es gibt noch andere prominente Beispiele
Kevin Spacey etwa, der US.Schauspieler soll junge Männer sexuell belästigt haben, am Set u.a der Serie „House of Cards“, wo er die Hauptrolle des Francis Underwood (übrigens großartig) spielen durfte, bis er aus allen Folgen rausgeschrieben wurde; wegen des Prozesses und bis heute.
Nun aber zu Till Lindemann
Ein weißer (auf der Bühne oft mit Farbe beschmierter) alter Mann, so würde man ihn im www, der woken-wahnsinns-welt, bezeichnen. Mich wundert, dass man ihn nicht noch auch der kulturellen Aneignung bezichtigt hat, so mit Farbe im Gesicht. Aber das ist ein anderes Thema.
Der weiße alte (Linde-)Mann soll also während und gleich nach der Show (ca. zweieinhalbstunden Dauer) reihenweise Mädels noch auf der Bühne mit unauffällig eingeflößtem K.O.-Drink in die Begattungsstarre verbracht und dann seine BdF (Bluthunde der Fleischeslust) auf selbige gehetzt haben.
Deutsche Promis waren reihenweise entrüstet, distanzierten sich, sahen sowas schon immer kommen, fanden Rammstein eh schon immer irgendwie rechts und allen voran sammelte Nora Tschirner sogar Spenden für die „Opfer“. Sie und alle wussten genau, was da gewesen sein musste. Statements der Band und von Lindemann selbst, die alle Vorwürfe strikt dementierten, wurden eher als Beweis der Schuld gedeutet.
Selbst die Politik mischte sich ungefragt ein
Berlins Innensenatorin Spranger wollte sogar, wenn nicht schon das Konzert, wenigstens die After-Show Parties verbieten. Viel gedacht haben auch nicht die versprengten und meist weiblichen Demonstranten draußen in Berlin und München, die insbesondere den zahlreichen weiblichen Fans mit Schildern und Spruchbändern ihre Enttäuschung zeigen wollten. Offenbar ist bereits eine Unschuldsvermutung für einige Menschen eine echte Zumutung.
Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft alle Ermittlungen gegen Lindemann eingestellt. Bedauern oder „sorry du“ habe ich weder von der Politik, den Enttäuschten oder auch von der woken Promi-Elite inklusive Frau Tschirner gehört, gelesen oder mitbekommen. Im Gegenteil, die Ex Weimarer „Tatort“-Kommissarin meinte gerade öffentlich, die Stimmen unzähliger Frauen aus verschiedensten Ländern gegen die eines einzigen gekränkten mutlosen, mächtigen Mannes, eingekuschelt in seinen Hechel-Club von rückgratlosen Opportunisten „sind einen Dreck wert“
Oder anders ausgedrückt. Erst wenn Richter so entscheiden, wie ich es will, ist es MIR recht. Hatte die Band sie mal auf der Gästeliste vergessen oder weiß sie mehr als andere?
Auf jeden Fall würde es sich gehören und für Aufsehen sorgen, wenn all die Vorverurteiler mal öffentlich bekennen würden, dass sie selbst es waren, die einen Fehler gemacht haben. Und eine Entschuldigung könnte in diesem Zusammenhang überhaupt nicht schaden….
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Klaus Kelle, Chefredakteur