EU-Staaten ziehen die Sanktionsschrauben gegen Russland massiv an

Nach der Ankündigung harter neuer Sanktionen der USA gegen die russischen Ölkonzerne Lukoil und Rosneft haben die EU-Staaten gestern Abend bereits gehandelt und eine neue Stufe von Sanktionen gegen das Kriegstreiberland Russland gezündet. Konkret beschloss Brüssel:
- Weitere 117 Schiffe der russischen Schattenflotte dürfen nicht mehr in Häfen von EU-Staaten einlaufen.
- Das Exportverbot für Waren, die für die Rüstungsindustrie genutzt werden können, wird ausgeweitet. Dazu gehören Chemikalien und Dienstleistungen aus dem KI-Bereich.
- Ein komplettes Importverbot für russisches Flüssigerdgas (LNG) wird bereits ab 2027 gelten – ein Jahr früher als geplant.
- Es wird weitere Handelsbeschränkungen gegen Unternehmen aus Ländern geben, die mit Russland handeln, so wie China und Indien.
- Der Zugang zu den EU-Kapitalmärkten wird für weitere Banken aus Russland und seinen Partnerländern geschlossen.
- Die Reisefreiheit russischer Diplomaten innerhalb der EU wird stärker eingeschränkt.
- Die Nutzung von Kryptowährungen, die zur Umgehung bestehender Sanktionen dienen, wird eingeschränkt.
Der dänische Außenminister Lars Løkke Rasmussen sagte in Brüssel, die Beschlüsse sorgten für einen guten Tag für Brüssel – und für die Ukraine. Rasmussen weiter: „Die Sanktionen zeigen Wirkung und treffen die russische Wirtschaft. Russland hat zunehmend Schwierigkeiten, seinen illegalen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu finanzieren.“
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) ergänzte: „Wir werden nicht nachlassen, bis die Menschen in der Ukraine einen gerechten und dauerhaften Frieden haben.“
Das schon 19. Sanktionspaket der EU wurde unter dem Eindruck schwerer russischer Luftangriffe auf die Ukraine und der Verletzung des EU-Luftraums durch russische Drohnen und Kampfjets beschlossen. Zustimmung gab es auch von den beiden Putin-freundlichen „Wackelkandidaten“ Ungarn und der Slowakei.
Das nächst große Thema in Brüssel werden nun die Pläne des deutschen Bundeskanzlers Friedrich Merz sein, der die in EU-Staaten eingefrorenen russischen Staatsvermögen für den Abwehrkampf der Ukraine verwerten will. Dabei geht es um 140 Milliarden Euro.
Doch, wie alles in der EU: Auch das wird kein Selbstläufer sein. Der belgische Premierminister Bart De Weve droht der EU mit einer Blockade seines Landes, in dem ein großer Teil der eingefrorenen russischen Gelder durch das Finanzinstitut Euroclear verwaltet werden.
De Wever stellt nun Bedingungen an die EU-Kollegen für seine Zustimmung zum Merz-Plan. Das bedeute zunächst vollständige Transparenz über die Verwendung der Gelder und eine „vollständige Vergemeinschaftung des Risikos“. Darüber hinaus wolle Belgien Garantien, dass „falls das Geld zurückgezahlt werden muss, alle Mitgliedstaaten sich beteiligen“.
Ein zusätzlicher wichtiger Aspekt: Der flämische Politiker warnt davor, dass bei der Auszahlung russischer Vermögenswerte an die Ukraine der zu erwartende Gegenschlag aus Moskau darin bestehen könnte, die Vermögen europäischer Unternehmen in Russland zu beschlagnahmen.
Bislang werden nur die Zinsen des festgesetzten russischen Geldes zur Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine verwendet.
Und es gibt auch noch einen dritten Mitspieler, der zunehmend in den Blickpunkt rückt
Denn das höchste niederländische Gericht hat jetzt auch den letzten Einspruch der russischen Regierung zurückgewiesen und den Anspruch der früheren Eigentümer des russischen Staatskonzerns Yukos bestätigt, großzügig entschädigt zu werden für die von Putin einst verfügte Enteignung der Eigentümer von Yukos. Nach zehn Jahren Rechtsstreit.
Das Urteil ist nach Angaben der Kläger-Anwälte endgültig, unumkehrbar und weltweit gegen russisches Staatseigentum vollstreckbar. Dabei redet man über einen Betrag von 50 Milliarden US-Dollar. Nach Überzeugung der Richter hatte Putin den Ölkonzern 2006 aus politischen Gründen enteignet. Der damalige Besitzer Michail Chodorkowski wurde zehn Jahre vom Kreml in ein Straflager weggesperrt, da Putin in dem reichen Unternehmer einen ernsthaften politischen Konkurrenten entstehen sah.
Die Yukos-Aktionäre bekamen keinen Ausgleich für ihren Geldverlust. Sie klagten vor dem internationalen Schiedsgericht in Den Haag und haben nun einen rechtskräftigen Titel. Und den Anspruch auf viel Geld.
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Klaus Kelle, Chefredakteur