Der Fall Epstein vernichtet Bill Clintons einstiges Ansehen komplett – muss er auf die Anklagebank?
Heute hat das US-Justizministerium (DOJ) eine Lawine ins Rollen gebracht. Mit der Veröffentlichung tausender bisher unter Verschluss gehaltener Dokumente und Fotos aus dem Umfeld des verstorbenen Sexualstraftäters Jeffrey Epstein rückt der frühere US-Präsident Bill Clinton ins Zentrum des öffentlichen Interesses. Das hatte bisher dem amtierenden Präsidenten Donald Trump gegolten, gegen den es allerdings überhaupt keine Beweise für ein sitten- oder rechtswidriges Verhalten gibt.
Clinton steht jetzt vor den Trümmern seines politischen Lebenswerks
Zumindest, wenn sich die Verdachtsmomente weiter erhärten. Denn während der Name Clinton seit Jahrzehnten mit Gerüchten über Epstein verbunden war, liefern die neuen Beweise eine Qualität der Nähe, die über bloße gesellschaftliche Kontakte hinauszugehen scheinen.
Die nun freigegebenen Dokumente enthalten nach Berichten führender US-Medien Bildmaterial, das Clinton in informellen und privaten Situationen mit Epstein zeigt. Besonders brisant ist ein Foto, das Clinton in einem Whirlpool auf einem von Epsteins Anwesen zeigen soll. Dies konterkariert die jahrelange Verteidigungsstrategie des Clinton-Lagers, wonach die Beziehung rein oberflächlich und auf wohltätige Zwecke im Rahmen der Clinton Foundation beschränkt gewesen sei.
Zusätzlich zu den Bildern enthalten die Akten detaillierte Aussagen von ehemaligen Angestellten Epsteins. Die behaupten, dass Clinton weit häufiger auf Epsteins Anwesenden zu Besuch war, als bisher bekannt ist. So gewinnt besonders die Frage nach Clintons Aufenthalt auf der Privatinsel „Little Saint James“ – von Opfern oft als „Pedophile Island“ bezeichnet – durch neue Logbuch-Einträge und Zeugenberichte an Brisanz. Der ehemalige Präsident hatte solche Besuche bisher stets kategorisch bestritten.
Die neuen Veröffentlichungen fallen in eine Zeit wachsender politischer Spannungen in den USA. Die Trump-Administration hat die Aufarbeitung des Epstein-Falls zu einer Priorität erklärt. Kritiker werfen der Regierung zwar vor, die Akten gezielt als politische Waffe gegen die Demokraten einzusetzen – insbesondere da Dokumente über Donald Trumps eigene Kontakte zu Epstein in dieser Veröffentlichungswelle deutlich weniger neues Material enthalten sollen – doch die Faktenlast gegen Clinton wiegt schwer.
Der Kontrollausschuss des US-Repräsentantenhauses hat bereits reagiert
Für Jahresbeginn 2026 sind Vorladungen für Bill und Hillary Clinton geplant. Ziel ist es, unter Eid zu klären, inwieweit die ehemalige First Lady und Außenministerin von den Verbindungen wusste und ob Gelder der Clinton Foundation in das Netzwerk von Epstein flossen oder umgekehrt.
Bisher galt Clinton juristisch als sauber, da keine direkten Beweise für eine Tatbeteiligung an sexuellem Missbrauch vorlagen.
Mit den neuen Dokumenten könnte das US-Justizministerium jedoch Ermittlungen wegen Meineids (falls er in früheren Befragungen gelogen hat) oder der Behinderung der Justiz einleiten. Sollten Aussagen von Opfern auftauchen, die ihn direkt belasten, stünde sogar der Vorwurf der Beihilfe oder direkten Tatbeteiligung im Raum.
Bill Clinton galt lange als der angesehene „Elder Statesman“ der Demokratischen Partei schlechthin.
Doch dieses Bild bröckelt schon seit 2014. Universitäten und Stiftungen weltweit haben begonnen, sich von ihm zu distanzieren. Statuen und Ehrungen stehen zur Debatte.
Für die Demokratische Partei ist die „Causa Clinton“ ein Desaster. Die Partei versucht händeringend, sich von der Ära der 90er Jahre zu distanzieren, um im aktuellen politischen Klima gegen die Republikaner bestehen zu können. Clintons Verstrickungen bieten der Gegenseite eine Steilvorlage, um die gesamte Partei als Teil einer „korrupten Elite“ darzustellen.
Die Kombination aus neuem Bildmaterial, belastenden Zeugenaussagen und einem energischen politischen Willen zur Aufklärung bringt den 42. Präsidenten der USA in eine Lage, die nicht mehr durch geschickte Kommunikation zu kontrollieren ist. Ob dies zu einer Anklage führen kann, ist noch offen.
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Klaus Kelle, Chefredakteur