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Profitieren kann nur, wer selbst genau Geld hat

Immobilienmarkt 2024: Nur wer kein Geld von der Bank braucht hat Spaß

CHRISTIAN KOTT
Foto: pixabay/652234 | Die richtige Ballance zwischen Baufinanzierung und Rendite zu finden wird für Immobilienunternehmer immer schwieriger.

In den vergangenen Jahren hatten wir schon seltsame Zeiten. Es ist daher schwer, in Zeiten globaler Hysterie, hoher Inflation und außenpolitischer Instabilität, einigermaßen sichere Prognosen zu treffen.

Gut vorherzusehen ist aber die Lage auf dem deutschen Immobilienmarkt in den nächsten Jahren. Und dieser Markt betrifft nun einmal jeden, denn auch für den, der Immobilien nicht als Anlageobjekt sieht: Wohnen muss jeder von uns irgendwo. Diese Prognose sieht düster aus.

Wenig mediale Erwähnung hat gefunden, was im vergangenen Jahr geschehen ist: Zum ersten Mal seit Jahren sind die Preise für Wohnraum-Bestandsimmobilien gesunken, und zwar deutlich. Dies hatte sich schon Ende 2022 angekündigt: Der Neuabschluss von Immobiliendarlehensverträgen, ein sicherer Indikator für die Marktverhältnisse, war schon im 4. Quartal 2022 um rund 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal zurückgegangen. Die Preise für Wohnimmobilien verbilligten sich im 4. Quartal 2022 (und da war von der ersten Zinserhöhung der EZB noch keine Rede) gemessen am Vorquartal um zwei Prozent.

Ein Erdrutsch am Immobilienmarkt

Seitdem hat sich dieser Trend noch beschleunigt: In der Betrachtung eines Jahres haben sich Wohnimmobilien nach neuesten Zahlen des statistischen Bundesamts durchschnittlich um 10,2 Prozent verbilligt. Das ist für die vermeintlich stabile Wertanlage „Immobilie“ eine Art Erdrutsch.

Hauptgrund sind zwar die Leitzinserhöhungen, die die Finanzierung eines Neubaus oder einer Immobilienanschaffung deutlich teurer machen. Ein Immobilienkredit war jahrelang billig zu bekommendes Geld und bei niedrigen Zinsen auch für niedrige Einkommen durchaus erschwinglich. Damit ist auf absehbare Zeit Schluss. Auch bei der Bewertung von Immobilien werden Banken genauer hinschauen, denn die Rückläufigkeit der Immobilienpreise lässt auch den Wert ihrer Sicherheit sinken. Eine Vollfinanzierung für Anschaffung oder Neubau einer Wohnimmobilie ist jetzt bereits auch bei guten Einkommensverhältnissen kaum noch zu bekommen.

Die EU-Sanierungsrichtlinie ist nicht hilfreich

Weitere Gründe sind neben deutlich gestiegenen Baukosten auch eine Verunsicherung des Marktes durch die EU-Sanierungsrichtlinie. Den zunächst beruhigenden Ankündigungen, die Bundesregierung werde die enormen Belastungen, die auf die Eigentümer von Altbauten zukommen, durch großzügige Förderungen abfedern, glaubt in Anbetracht der fiskalischen Engpässe, die durch den verfassungswidrigen Bundeshaushalt 2023 entstanden sind, wohl keiner mehr. Auch über das Ziel der Bundesregierung, 400.000 neue Wohnungen bauen zu lassen redet niemand mehr ernsthaft.

Klar ist daher nur: Auf Eigentümer selbst bewohnter oder vermieteter Wohnimmobilien kommen unkalkulierbare, hohe Belastungen zu, von denen derzeit niemand sagen kann, in welchem Maße durch Fördermittel wenigstens zum Teil eine Kompensation erfolgt. Unter solchen Voraussetzungen kauft niemand, der klar bei Sinnen ist, eine Altbau-Immobilie wenn man sie ihm nicht zum Schnäppchenpreis anbietet.

Augen auf beim Kauf

Im Gegenteil: Schon jetzt ist zu beobachten, dass zwei Sorten Eigentümer sich sicherheitshalber dazu entschließen, ihre Immobilie – auch unter Inkaufnahme von Kaufpreisverlusten – abzustoßen:

Erstens Eigentümer, deren Zinslaufbindung ihrer Baufinanzierung in den nächsten Monaten oder Jahren ausläuft und die sich jetzt bereits ausrechnen können, dass sie sich eine Fortsetzung des Darlehensverhältnisses zu derzeitigen Marktzinsen nicht werden leisten können.

Zweitens Eigentümer, deren Kreditbelastung oder deren Rendite eine hohe Investition in wirtschaftlich sinnlose energetische Maßnahmen nicht zulässt.

Spricht man mit Marktteilnehmern fällt vor allem Eines auf: Eigentümer großer Immobilienbestände gehen mit der Situation erheblich gelassener um als der Eigenheimbesitzer mit einer auf Naht genähten Immobilienfinanzierung oder der Eigentümer von einer Handvoll Altbauwohnungen zur Altersvorsorge.

Die wirtschaftliche Entwicklung macht Gewerbeimmobilien günstiger

Noch deutlicher dürfte der aber schon länger spürbare Preisverfall von Gewerberaumimmobilien ausfallen. Denn die Aussichten einer Investition in Gewerberaumimmobilien hängen stark von den Konjunkturerwartungen ab. Und die fallen nicht allzu rosig aus. Schon jetzt sind bei Büro- wie Verkaufsflächen nicht nur die Preise schon eine ganze Weile unter Druck sondern auch die Mieten. Dies könnte sich noch verstärken.

Viele Jahrzehnte galt die Immobilie als vergleichsweise stabile und wertsichere Anlageform. Dies gilt nicht nur zukünftig sondern bereits jetzt nur noch für größere Immobilieneigentümer, die diese Marktentwicklungen bereits seit einiger Zeit vorhergesehen und eingepreist haben. Für den von der politischen Entwicklung überraschten privaten Vermögensanleger ist hingegen die Immobilie zu einer riskanten Wertanlage mit geringen Renditeaussichten und immer höheren bürokratischen Hürden geworden.

Wohnkosten für Mieter steigen weiter

Profitieren kann von dieser Entwicklung nur eine relativ kleine Gruppe von Marktteilnehmern, die dafür aber auch eine gute Portion Risikobereitschaft mitbringen muss: Wer keinen Kredit braucht, weil er über hohe Liquidität verfügt, der könnte die im kommenden Jahr weiter sinkenden Preise nutzen, um Wohnimmobilien günstig zu erwerben. Insbesondere deshalb, weil die Wohnungsmieten weiter hoch bleiben dürften und in Ballungsgebieten sogar noch steigen, könnte dies für Anleger attraktiv sein.

Mieter hingegen müssen sich neben den steigenden Energiekosten auch darauf einstellen, dass ihre Wohnkosten weiter steigen.

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Klaus Kelle, Chefredakteur