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Luise (12) ist tot

Liebe Leserinnen und Leser,

wir alle haben es als Kinder noch gelernt. Nicht mit einem Fremden irgendwohin gehen. Bloß nicht zu Fremden ins Auto steigen. Dem eigenen Gefühl vertrauen, wenn etwas seltsam oder gar bedrohlich ist. Dann Menschen in der Nähe ansprechen und um Hilfe bitten. Oder einfach in ein Geschäft gehen und einen Verkäufer bitten, die Eltern oder die Polizei zu verständigen.

Aber all das ist eben auch nur die Theorie

Absolute Sicherheit für unsere Kinder gibt es in diesem Land nicht, gab es auch früher nicht. Nicht nur für unsere Kinder, auch für Alte, für Frauen, ja im Grunde für alle, wenn man zur falschen Zeit zufällig am falschen Ort ist.

Die 12-jährige Luise aus Freudenberg im Siegerland ist tot. Sie wurde am Sonntagnachmittag gegen 14 Uhr in einem Waldstück aufgefunden. Hunderte Polizisten hatten intensiv nach der Kleinen gesucht, die zuletzt am Samstag gegen 17.30 Uhr gesehen wurde, als sie zu Fuß unterwegs war. Sie hatte eine Freundin besucht und war auf dem Weg nach Hause. Der kürzeste Fußweg führt durch einen Wald. Den Wald.

Eine Krankenschwester hat mir schon vor vielen Jahren gesagt, dass sie ihren Job auf der Intensivstation nicht machen könnte, wenn sie all das, was sie dort jeden Tag an Leid miterlebt, an sich heranließe. Wenn Sie die Gedanken an die ihr anvertrauten Menschen mit nach Hause nehme. Und ein junger Polizist, den ich kenne, arbeitet bei der Kripo und musste sich einige Monate mit der Bekämpfung von Kinderpornografie im Netz beruflich beschäftigen. Der Horror. Wie lange kann man so einen Job machen? Kann man das überhaupt, wenn man selbst Familie und Kinder hat?

Unsere Gesellschaft ist ein gefährlicher Ort geworden. Für alle, aber besonders für Kinder.

Man sagt uns immer, dass die Zahl der Straftaten in Deutschland seit Jahren sinkt. Und das stimmt. Fahrraddiebställe gibt es immer weniger, Ladendiebstähle auch.

Mord, Totschlag, schwere Körperverletzung, Vergewaltigung oder Raub zählen zur Gewaltkriminalität. Die Statistik weist hier für 2021 rund 165.000 registrierte Taten aus, insgesamt der niedrigste Stand seit dem Jahr 2000 (187.000). Der Höchststand lag 2007 bei 218.000 Fällen.

Selbst bei Gewaltdelikten gibt es einen Rückgang

Aber damit Sie wissen, von was wir hier reden: Die Zahlen bei Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen bewegen sich zwischen etwa 2.100 und 2.500 registrierten Fällen pro Jahr in Deutschland. 2.111 erfasste Fälle waren es 2021 – ein Tiefstand. Bei Vergewaltigung und sexuelle Nötigung wurden bis 2016 jährlich zwischen 7.000 und 8.800 Fälle gezählt. 2017 gab es einen Anstieg auf 11.300 Fälle, 2021 waren es 9.900.

Haben Sie auch eine Idee, woran das liegen könnte?

Jeder weiß es, wenn Sie es sagen, werden SIE polizeilich verfolgt. So ist das heute in Deutschland.

Die kleine Luise aus Freudenberg ist tot. Und das ist ganz schrecklich. Morgen werden wir mehr erfahren von der Polizei, wie die Kleine zu Tode gekommen ist. Und eigentlich möchten wir es gar nicht so genau wissen. Weil es Ihre, unser aller Angst noch verstärkt, wenn Sie selbst Schulkinder haben. Und weil es für die Eltern kaum mehr zu ertragen sein wird, aber das ist es jetzt schon nicht.

Ich werde vor dem Einschlafen für Luise beten. Hoffentlich ist ihre Seele jetzt an einem Ort, wo sie niemals mehr Angst haben muss. Das Leid ihrer Eltern und Freunde aber kann niemand von uns ermessen. Und es wird niemals wieder ganz verschwinden.

Was für ein trauriger Tag.

Klaus Kelle

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Klaus Kelle, Chefredakteur