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Mahmud, der eigentlich ganz freundliche Judenhasser von nebenan

Der Davidstern, Symbol des Volkes Israel und des Judentums.

von JULIAN MARIUS PLUTZ

BERLIN – Jeder Mensch, der eine mehr der andere weniger, lebt in Routinen. Sie beruhigen, regen nicht auf, sondern ab. Sie erzeugen einen wohligen Status quo der Verlässlichkeit. Ich gehe meist zwischen 18:30 und 19:30 einkaufen. Und siehe da: Man begegnet immer wieder die gleichen Menschen, die sich eine ähnliche Routine zu eigen machen.

Da ist der ältere Mann mit grauen Zottelbart, der beinahe philosophisch wirkt und den ich immer wieder mit einem Buch bewaffnet in Richtung Wöhrder Wiese marschieren sehe – meistens Titel der Musikgeschichte. Oder der, ich vermute koreanische Student, der stets maskiert seinen Einkauf tätigt und gerne ältere Damen den Vortritt an der Kasse lässt.

„Nicht die Juden sind das Problem, sondern die Zionisten“

Man kennt sich, zumindest vom Sehen. Man nickt sich zu, manchmal sogar entfleucht ein „Hallo“. Aber mehr auch nicht, zumindest bei mir. Denn der Deutsche ist zu distinguiert, zu zurückhaltend, um einfach so auf Leute zuzugehen, die man ja eigentlich gar nicht kennt.

Mahmud dagegen ist anders. Wahrscheinlich „kennen“ wir uns seit vier oder fünf Jahren. Irgendwann sagte er „Hallo“, und irgendwann stand ich mit Bier und Steak bei einem Freund von ihm im Garten.

Ich muss nicht lügen, um zu sagen, dass die Gegenwart von Mahmud, gerade in Zeiten der irren Lockdowns, mir das eine oder andere mal den Abend versüßt hatte. Denn er ist lustig, gebildet, etwas schräg und hat einiges zusagen. Wenn da nicht ein Problem wäre: Der Iraki ist ein lupenreiner Judenfeind.

Natürlich haben die Zionisten so ziemlich an allem Schuld. Ob 9/11, der Irakkrieg, oder am Leiden der Palästinenser. Der Jude sei nicht das Problem, sondern der Zionist. Daher ist die vermeintliche Landnahme in Palästina ein Angriff auf alle Muslime. Je lauter er bei diesen Themen wird, desto leiser werde ich. Und am Ende verabschiede ich mich und gehe nach Hause.

Er hasst Henryk Broder, wie er Michel Friedman hasst

Am nächsten Tag – Stichwort Routinen – wenn wir uns mal wieder beim Einkaufen treffen, fragt er mich nach solchen Abenden, ob alles okay sei und ich ihm nicht böse sein sollte. „Ja“, sage ich dann, „okay“, weil ich nicht nachtragend bin. Ich kann Menschen nicht lange böse sein. Aber stutzig macht mich sein Verhalten schon.

Mahmud ist etwa so alt wie ich, also 35, spricht einwandfrei Deutsch und genoss eine gute Schulbildung. Da ich gerne eine Kette mit Davidstern trage, in dem ein Kreuz implementiert ist, fragte er mich irgendwann, ob ich messianischer Jude sei, was ich verneinte. Wahrscheinlich hätte er auch hierzu etwas zu sagen. Und natürlich kennt er Achgut und verabscheut diesen „zionistischen Blog“, ebenso wie er die Jüdische Rundschau verachtet.

Er hasst Henryk Broder, wie er Michel Friedman hasst. Er würde es nicht zugeben, dafür ist er zu schlau und wortgewandt, doch er hasst sie, weil sie Juden sind. Er hasst Israel, weil der Staat der Juden ist. Er sagt Zionisten und meint die Juden. Als Salman Rushdie fast totgestochen wurde, traf ich ihn und er sagte lachend: „Hast du das mit eurem Rushdie gehört?“ Auch dieser Zynismus gehört zum Kern radikaler Moslems.

Mir macht diese Situation Angst

Als ich am Samstag bei einer Veranstaltung war, bei der u.a. Irfan Peci sprach, das Thema war 50 Jahre Olympiaattentat in München, sah und spürte ich live den nackten Hass. Junge Muslime, die intellektuell und sprachlich kaum in der Lage waren, Irfans Worte zu erfassen, brüllten ihn an. Es fielen Schimpfwörter, die Polizei, die in der bayerischen Landeshauptstadt an diesem Tag einen hervorragenden Job machte, mussten mehrfach eingreifen. Mein persönlicher Höhepunkt war, als ein junger Afghane ins Mikrofon sagte (bei Veranstaltungen dieser Art kommen auch Leute aus dem Publikum zu Wort): Schwule müssten gesteinigt werden.

Was sich Deutschland für Extremisten, gerade ab 2015, ins Land geholt hat, ist die eine Seite. Doch die, wie Mahmud, die schon länger hier leben und als passt, gebildet, charmant und wortgewandt gelten, ist die andere Seite der Medaille. Mir macht diese Situation Angst. Deutschland ist dabei, sich und sein Land zu vergessen. Die wenigen Starken, die Widersacher, werden als rechtsextrem gebrandmarkt und in die berüchtigte Schmuddelecke gestellt. Ich weiß, wovon ich rede.

Ich werde Mahmud nicht ändern können, ebenso wie die vielen hunderttausend radikalen Moslems in Deutschland. Sie sind im Wortsinn, aber auch wie der Philosoph es meint, nicht aufgeklärt. Und auch wenn ich Mahmud als Mensch schätze und sich der eine oder andere Deutsche sich einiges von seiner Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft abschneiden könnte, so muss man ihn als das benennen, was er ist: Ein Judenfeind.

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Klaus Kelle, Chefredakteur