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Wie Caren Miosga Frau Wagenknecht in der ARD komplett zerlegte

KLAUS KELLE

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

ganz ehrlich: Talkshows in der ARD meide ich seit längerer Zeit konsequent. Und Caren Miosga war bisher auch kein Grund, das in Frage zu stellen. Aber nachdem mich Leser(innen) auf die muntere Gesprächsrunde am Sonntagabend aufmerksam gemacht und ich mir das angetan habe, muss ich sagen: Hut ab! Die Frau hat – anders als Vorgängerin Anne Will – Rückgrat. Wie hartnäckig sie die BSW-Lichtgestalt Sahra Wagenknecht in der Palaver-Runde zerlegte, das war aller Ehren wert.

Besonders hitzig wurde es natürlich beim Thema Russland vs. Amerika/NATO. Aber ungewöhnlich hartnäckig ging Frau Miosga Wagenknecht schon beim Thema Sozialpolitik an. Ob die schon mal eine „Tafel“ besucht habe, wollte die Moderatorin wissen und meinte damit die Ausgabestellen für Lebensmittel an Bedürftige überall im Land – an sich für ein Land wie Deutschland schon ein Skandal, dass wir so etwas überhaupt brauchen, um auch die Menschen am unteren Rand der Gesellschaft anständig zu versorgen.

Als Miosga das Thema „Tafeln für sozial Schwache, Bedürftige oder Obdachlose“ ansprach, zeigte sich schnell, dass auch die smarte Sozialistin inhaltlich zu knacken ist. Wagenknecht hatte wortreich – die Sendung war eigentlich dem Thema Regierungsbildungen nach den Landtagswahlen im Osten gewidmet – geschildert, wie viel Kontakt sie doch mit den ganz normalen Menschen in Sachsen und Thüringen und deren alltäglichen Sorgen habe.

Wie sich Wagenknecht denn aber auch konkret über die Lebenssituation in Ostdeutschland informiere, wollte Miosga wissen.

„Indem ich viel unterwegs bin. Indem ich dort bin“, antwortet die BSW-Politikerin. Miosga bohrte nach: „Wo? Sie sind bei den Tafeln?“ Wagenknecht überlegte kurz: „Ich war auch bei Tafeln. Ich habe auch mit Menschen gesprochen, die Tafeln unterhalten.“ Ja, aber wann konkret sei sie denn das letzte Mal bei einer Tafel gewesen, wollte die ARD-Talkerin erneut wissen.

„Das letzte Mal bei einer Tafel …“, setzt Wagenknecht an, und dann kam erstmal nichts. Aber sie habe vor einem halben Jahr mit einem gesprochen, „der eine Tafel macht“. Sie wolle keine Politikerin sein, die nur um des Effektes willen mit einem Tross von Fotografen zu einer Tafel gehen, um beim Wähler „Stimmung zu machen“, bemühte sich Wagenknecht, das Gespräch wieder unter Kontrolle zu bekommen.

Immerhin gäbe es aber doch viele Fotos, wo Wagenknecht genau das mache, wenn sie mittelständische Unternehmen besuche, setzte die ARD-Frau nach. Und weil Miosga schon mal dabei war, setzte sie nach. Fotos von Wagenknecht in Krankenhäusern und Kindergärten fände man ja nicht im Internet. Und ihre Redaktion habe herumtelefoniert bei Sozialverbänden in Thüringen und Sachsen. Niemand habe sich erinnern können, dass Frau Wagenknecht, die Inkarnation von Rosa Luxemburg, persönlich mal zu Besuch in einer solchen Sozialeinrichtung gewesen sei. Treffer, versenkt, so nannten wir das früher als Jungs beim Spielen.

Besonders witzig fand ich Wagenknechts Bemerkung, sie werde auch von Menschen am Flughafen angesprochen. Am Flughafen, sicher die Ärmsten am Rande der Gesellschaft da unterwegs, oder? Ich will es nicht Hinrichtung nennen, das sagt man heute nicht  mehr, aber selten, nein, noch nie, habe ich gesehen, wie Frau Wagenknecht vor einem großen Publikum  dermaßen entzaubert wurde. Und das noch  ausgerechnet in der ARD. Beim Staatsfunk

Ich könnte noch zwei Stunden mit großer Lust weiterschreiben über diese Sendung. Miosga ließ – herrlich – einen Einspieler aus dem Jahr 2022 vorführen, wo Wagenknecht die Grünen – zurecht – als die „verlogenste und gefährlichste Partei im Bundestag“ bezeichnete. Das sei nämlich nicht die AfD, so Wagenknecht weiter, weil die Grünen mehr Schaden anrichten würden.

Beim Thema Russland ist Frau Wagenknecht, die die DDR einst und vermutlich auch heute noch als das bessere Deutschland bezeichnete, komplett neben der Spur. Koalitionen mit der CDU? Wie soll das gehen?

Denn der Stopp von Waffenlieferungen an die Ukraine und die Verhinderung von amerikanischen Raketen auf deutschem Boden müssten natürlich in einem solchen Koalitionsvertrag in Thüringen festgeschrieben werden. Wagenknecht wörtlich: „Mit diesen Waffen könnte ein Enthauptungsschlag gegen Russland gestartet werden, weil man tief in russisches Territorium hereinkommt ohne große Vorwarnzeit.“ Thorsten Frei von der CDU landete aus der Drehung sofort den nächsten Treffer: „Das nennt man Abschreckung“, konterte der CDU-Mann trocken.

Und als Wagenknecht kläglich ansetzte: „Es wird ein Wettrüsten geben. Wenn wir aufrüsten, zieht Russland nach“ schreit CDU-Frei ihr geradezu entgegen: „Nein, Russland zieht nicht nach, Russland geht voraus!“

Herrlich, was für ein wunderbarer Fernsehabend…und das ausgerechnet im Staatsfunk. Miosga hat gezeigt, wie man souverän eine Talkshow gestaltet. Und sie hat dem schönsten Gesicht der Putin-Lobby die Maske vom Gesicht gerissen.

Mit herzlichen Grüßen,

 

Ihr Klaus Kelle

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Klaus Kelle, Chefredakteur