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Bestsellerautor Carlos A. Gebauer: „Das Grundgesetz wurde durch Corona außer Kraft gesetzt“

Bestsellerautor Carlos A. Gebauer begeisterte beim Treffen der bürgerlich-konservativen Schwarmintelligenz in Erlangen.

von THILO SCHNEIDER

ERLANGEN – Carlos A. Gebauer ist Rechtsanwalt und Publizist und länger FDP-Mitglied als mein jüngster Sohn auf der Welt ist. Und der ist jetzt volljährig (der Sohn, nicht Gebauer. Wobei: Der auch), demnach also tatsächlich leidensfähig. Es geht ihm wie vielen Mitgliedern im Saal: Er leidet an seiner Partei und an der Gesamtsituation. Speziell das Thema „Grundgesetz“ ist ihm eine Herzensangelegenheit. Ein ganzes Buch mit dem Titel „Grundgesetz 2030“ hat Gebauer hierzu verfasst. Beim 7. Treffen der „bürgerlich-konservativen Schwarmintelligenz“ ging er mit dem Thema Corona und der Einschränkung der Grundrechte in Deutschland gleich in die Vollen.

„Verfasst Euch, machen wir unser Grundgesetz neu“, so der Titel seines Vortrages, der einen Angriff mit dem Schlachtbeil auf die heilige Kuh Grundgesetz versprach – aber ganz so schrecklich, wie es klingt, wurde es dann doch nicht. Gebauer beschränkte sich aufgrund seines Zeitlimits auf einige wesentliche Punkte.

Schwungvoll der Einstieg

„Das Grundgesetz wurde durch Corona außer Kraft gesetzt. Und wenn die Zahnpasta aus der Tube ist, ist es schwer, sie da wieder hineinzubekommen“, sagte Gebauer. und tatsächlich wurden ja einige Grundrechte zumindest zeitweise eingeschränkt. Oder sind es noch. Die „körperliche Unversehrtheit“ gilt plötzlich nicht mehr, wenn der Staat Millionen Impfdosen bestellt hat, die im wahrsten Sinne des Wortes unter die Leute und unter die Haut müssen.

Gebauer beginnt beim wichtigsten Artikel: Dem Einser.

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Gebauer würde diesen Satz gerne um das Wort „jedes Menschen“ ergänzt sehen. Schlicht, weil dann tatsächlich jeder Mensch als Individuum gesehen und nicht als Teil eines Kollektivs betrachtet würde und damit sämtliche anderen Artikel individuelle Rechte wären.

Weiter zu Artikel 5, Meinungsfreiheit. „Meinungsfreiheit“ existiert sowieso, der Bürger darf jede Meinung haben, die er möchte. Besser wäre der Ausdruck: „Meinungsäußerungsfreiheit“. Im Bezug auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erläuterte Gebauer, dass der frühere Begriff „Gebühreneinzugszentrale“ zu Recht durch „Beitrag“ ersetzt wurde (der Vorschlag stammt wohl ursprünglich von Paul Kirchhof), da „Gebühren“ eine Gegenleistung bedingen, während eine „Abgabe“ verpflichtend ist, unabhängig davon, ob die Gegenleistung überhaupt genutzt wird. Einer „Abgabe“ genügt das bloße Vorhandensein des Pendants.

Gebauer ist der Ansicht, dass überall dort, wo eine Abgabe bezahlt wird, auch ein Wahlrecht bestehen muss. Konkret sollte sich dieses Wahlrecht in wenigstens einer teilweisen Besetzung der Rundfunkräte und des Vorstands durch die Bürger manifestieren. Sowohl was deren Wahl, als auch deren Abwahl betrifft. Eine für Menschen wie Georg Restle mit Sicherheit erschreckende Vorstellung.
Artikel 9: Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. Warum aber müssen die Bürger dann in Institutionen wie Renten-, Kranken- oder Pflegeversicherung oder Berufskammern einzahlen, über deren Vorstände und wiederum deren Gehälter sie nicht selbst bestimmen können?

Artikel 29: „Das Bundesgebiet kann neu gegliedert werden…“

Hier schweben Gebauer charmante Lösungen vor: In der Liechtensteinischen Verfassung sei zum Beispiel festgelegt, dass das Parlament keine Gesetze beschließen kann, die dem Fürsten nicht gefallen. Er hat also ein Vetorecht. Umgekehrt kann das Fürstentum abgeschafft werden, wenn 1.500 Liechtensteiner eine Petition über die Abschaffung des Fürsten initiieren und jene Petition eine Mehrheit in der Bevölkerung findet. Wäre das nicht eine hübsche Blaupause für die Beziehung zwischen Volk, Parlament und Bundespräsident?

Dann fragt Gebauer, was wohl passieren würde, wenn einzelne Bundesländer das Recht hätten, aus der Republik auszutreten? Und welche Folgen hätte dies beispielsweise für den Länderfinanzausgleich? Gebauer geht noch einen Schritt weiter: Was wäre, wenn Kommunen und Gemeinden sich ihr Bundesland aussuchen könnten? Würde das, neben heilloser Verwirrung, nicht auch für einen echten Wettbewerb der Bundesländer untereinander führen?

Zu guter oder schlechter Letzt nahm sich Gebauer den Artikel 38 GG („Die Abgeordneten des Bundestags… sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“) vor: So hehr diese Formulierung sei, so sehr würde sie die Abgeordneten von einer persönlichen Haftung entbinden. Diese führe seiner Ansicht nach zu einer „Selektion der Schlechtesten“, die im Bundestag über Themen beschließen würden, von denen sie keine Ahnung hätten. Zu diesem Zwecke gäbe es dann für jeden Abgeordneten aber Berater, die sich vermeintlich auskennen – ein Abgeordneter, der über Milliardenbeträge entscheidet, könnte eine Falschberatung dann an diese Berater mittels Durchgriffshaftung weitergeben – Gebauer sieht in einer solchen Vorgehensweise die Möglichkeit, Abgeordnete und ihre Stäbe zu mehr Sorgfalt zu zwingen.

Auf die Zwischenfrage, welcher Abgeordnete denn verrückt genug wäre, ein solches, seinen Interessen zuwiderlaufendes, Gesetz zu verabschieden, antwortete Gebauer, dass es hierzu einen neuen Typ Politiker brauche, der genau mit diesem Vorschlag Wahlkampf mache und bei Erfolg, auch entsprechende Gesetzänderungen initiiert. Eine Idee für die AfD?

In der Diskussion im Anschluss kam die Frage auf, ob denn nicht auch der § 16a GG (Recht auf Asyl) geändert werden müsse, wenn nicht eine schlimmstenfalls weltweite Zuwanderung über das Einfallstor Asylrecht stattfinden soll. Gebauer beantwortete diese Frage mit dem Hinweis, dass eine derartige Zuwanderung bereits jetzt über die sogenannte „sichere Drittstaatenregelung“ abgewehrt werden könne – wenn denn der Wille zur Umsetzung vorhanden wäre.

Gebauer schloss seinen rasanten Vortrag mit einer kleinen biblischen Parabel auf die „babylonische Sprachverwirrung“, die mittlerweile in der Bevölkerung, aber auch den Völkern Europas herrsche und machte wirklich Lust auf sein Buch „Grundgesetz 2030“ und seine darin formulierten Ideen. Eine echte Highlight-Rede beim „7. Treffen der Schwarmintelligenz“ in Erlangen.

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Klaus Kelle, Chefredakteur