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Einfach schreiben, was wirklich ist – das ist unser Job

KLAUS KELLE

Guten Morgen, liebe Leserinnern und Leser,

mein wunderbarer Freund und Kollege Boris Reitschuster ist mit seiner Betrachtung zu Putins Russland heute unser Titelaufmacher. Ich kannte den Namen von Boris schon vor vielen Jahren, immerhin war er lange Zeit FOCUS-Chef in Moskau. Er liebt das Land, hat mir selbst mal erzählt, wie sehr er sich wünsche, in Russland seinen Lebensabend mit seiner Frau und seinen Kindern zu verbringen. Aber nicht in einem Straflager natürlich.

Wenn Sie mit Boris sprechen oder bei einer Diskussion mit ihm dabei sind, dann spüren Sie in jedem Satz, wie sehr er Russland und die Menschen dort liebt, wie sehr er darunter leidet, was Wladimir Putin aus diesem an Kultur, Weite und Bodenschätzen so reichen Land gemacht hat.

Irgendwann las ich vor Jahren irgendwo eine Rezension über Reitschusters Buch „Putins verdeckter Krieg“, in dem akribisch russische Netzwerke in der deutschen Wirtschaft und Politik beschrieben werden. Bis hin zu merkwürdigen „Todesfällen“. Und ohne Übertreibung: Das veränderte meine Sicht auf Putin total.

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Klar, Reitschuster, Kelle und andere Publizisten werden von Putin-Fans immer mal wieder beschimpft in den Sozialen Netzwerken als „Putin-Hasser“ oder „Russland-Basher“. Aber wie alles hat auch das eine Vorgeschichte.

Am 3. Januar 2014 schrieb ich in meiner damaligen viel gelesenen wöchentlichen Kolumne in der Rheinischen Post über Putins Russland. Unter der Überschrift „In Russland wehr weiter der Wind der Veränderung“ schrieb ich u. a.:

„Wenn ich heute an Russland denke, dann fallen mir nicht mehr zuerst Panzer und Kalaschnikows ein, sondern die großen Schriftsteller und schwermütige Lieder. Ich denke, die Zeit der Konfrontation sollte vorbei sein. Unser Platz im Westen steht nicht zur Disposition. Doch erkennen wir an, dass Russland ein echter Partner werden kann.“

Was für eine monströse Fehleinschätzung von mir damals.

Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs, mit Putins Rede im Bundestag in deutscher, in unserer, Sprache habe ich wirklich gedacht, die Zeit der großen Konfrontation in diesem Teil der Welt sei endgültig vorbei. Wir alle sehen und erleben, wie falsch ich mit dieser Einschätzung lag.

„Herr Kelle, ich habe die Texte von Ihnen immer sehr geschätzt“
, aber das sei nun vorbei, da ich gar nicht gut finde, was da gemordet, vergewaltigt und zerstört wird durch russische Soldaten in der Ukraine. Nein, finde ich gar nicht gut. So, wie ich auch den völkerrechtswidrigen Krieg der USA gegen den Irak nicht gut fand. Aber dieser ehemalige Leser will nicht Journalisten, die ihre begründete Sicht der Dinge aufschreiben, sie suchen Bestätigung ihrer eigenen Weltsicht. Und sonst nichts. Aber die ist leider nicht immer kongruent mit der Realität.

Während der Corona-Zeit schrieb mir auch mal ein anderer Leser, wieso wir denn in TheGermanZ über einen Presseauftritt von Gesundheitsminister Karl Lauterbach berichtet hätten. Ich antwortete: Weil Karl Lauterbach Gesundheitsminister ist. Ein peinlicher Gesundheitsminister, wie ich heute noch finde, aber Journalisten haben nicht die Aufgabe, ihren Lesern nach dem Mund zu reden. Wir haben die Aufgabe, die Realität abzubilden, damit unsere Leser sich ein Bild der tatsächlichen Situation machen können. Irgendein britischer Medienmogul, dessen Name mir gerade entfallen ist, hat mal gesagt: „Journalisten haben nicht die Pflicht, geliebt zu werden. Sie haben die Pflicht, gelesen zu werden.“ Das gefällt mir sehr, genauso denke ich auch.

Reitschusters Text wird uns vermutlich wieder ein paar Leser kosten, die gerne in ihrer Weltsicht bestätigt werden wollen. So wie Dieter Stein von der „Jungen Freiheit“ ein paar Abonnenten verliert, wenn er Björn Höckes neues Buch verreißt oder die Attentäter vom 20. Juli zurecht hervorhebt.

Aber es ist egal. Wir schreiben, was ist. Wir bilden die Wirklichkeit ab, wir kommentieren und machen keinen Hehl aus unseren Ansichten. Wem das nicht gefällt, der ist dann halt nicht mehr da.

Einen schönen Sonntag!

Ihr Klaus Kelle

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Klaus Kelle, Chefredakteur