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Einflussreich, geehrt, umstritten, geachtet

Nachruf auf einen Konservativen aus Fürth, der den Lauf der Geschichte beeinflusste

Klaus Kelle
Foto: depositphotos/ChinaImages | Der frühere US-Außenminister und Friedensnobelpreisträger Henry Kissinger. depositphotos

Der große Henry Kissinger ist tot. Der frühere US-amerikanische Außenminister starb jetzt in seinem Haus in Connecticut im Alter von 100 Jahren.

Kissinger war von 1973 bis 1977 Außenminister der USA und von 1969 bis 1975 Nationaler Sicherheitsberater der Präsidenten Richard Nixon und Gerald Ford. 1923 im fränkischen Fürth als Heinz Alfred Kissinger geboren, floh die jüdisch-orthodoxe Familie 1938 vor den Nazis in die USA. Dort wurde Kissinger fünf Jahre später eingebürgert.

Der Republikaner prägte die amerikanische Außenpolitik wie kaum ein zweiter. Er war maßgeblich verantwortlich für die diplomatische Öffnung zum kommunistischen China und für die umfangreichen Rüstungskontrollverhandlungen zwischen den USA und der Sowjetunion. Im Nahen Osten sorgte er für eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Israel und arabischen Nachbarstaaten. Und dann zum Pariser Friedensabkommen mit Nordvietnam.

Friedensnobelpreis für Waffenstillstand mit Nordkorea

Für das Waffenstillstandsabkommen im Vietnamkrieg erhielt Kissinger 1973 gemeinsam mit dem nordvietnamesischen Chefunterhändler Le Duc Tho den Friedensnobelpreis.

Auch im hohen Alter mischte sich Kissinger immer wieder in die große internationale Politik ein. So sorgte er im Februar 2022 für Aufsehen, als er in einem Interview mit der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“ sagte, er sehe die Schuld am russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht allein beim Kreml. Schon 2014 habe er Zweifel daran gehabt, ob es eine gute Idee gewesen sei, die Ukraine einzuladen, Mitglied der NATO zu werden.

Als Putins Panzer dann gegen Kiew rollten, war Kissingers Haltung ebenso klar. Der „höchst rücksichtslose Angriffskrieg Russlands“ müsse zurückgeschlagen werden und Russland dürfe nicht gewinnen.

Ein gefragter Berater

Henry Kissinger war ein Konservativer durch und durch, ein brillanter Kopf, dessen Erfahrung und Verstand Staatslenker und Politiker aus aller Welt gern in Anspruch nahmen.

Das verschaffte mir auch die Ehre eines kurzen Händedrucks von Kissinger in seinem Büro in New York, als der sich mit dem NRW-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) – ich glaube, es war im Jahr 2007 – traf. Wir setzten uns rund um Kissingers Schreibtisch, wo er und Rüttgers Platz genommen hatten. Kissinger fragte Rüttgers ganz direkt, ob er es für eine gute Idee halte, ein solches Gespräch in Anwesenheit von fünf, sechs Journalisten zu führen. Rüttgers hielt das wahrscheinlich für eine gute Idee, weil so ein Treffen schöne Fotos produziert. Aber letztlich wurden wir nach zwei Minuten freundlich herauskomplementiert und schlenderten an der 5th Ave in irgendeinen Burger-Laden, um Kaffee zu trinken.

Weltweiter Einfluss – im Guten wie im Fragwürdigen

Kissinger, knallharter Konservativer, spielte auch eine wichtige Rolle beim Militärputsch 1973 in Chile, die den Kommunisten Salvador Allende aus seinem Palast fegte. General Augusto Pinochet übernahm die Macht und führte das Land fortan als rücksichtsloser Diktator.

Kissingers Rolle bei der geheimen Bombardierung Kambodschas wird vermutlich nie ganz aufgeklärt werden.

Es gibt nur wenige Menschen, die von sich behaupten können, den Lauf der Geschichte auf diesem Planeten beeinflusst zu haben. Der Deutsche Heinz Alfred Kissinger gehörte ohne jeden Zweifel dazu.afür wurde er mit dem Bronze Star ausgezeichnet.

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Klaus Kelle, Chefredakteur