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Andere Prioritäten sind kein Grund

Schmerzlosigkeit bedeutet nicht, dass Sie auf den Zahnarzt verzichten können

Dr. Nicole Lenz

In jüngster Zeit frage ich mich zunehmend, warum so viele Menschen ihre (Zahn)Gesundheit scheinbar so auf die leichte Schulter nehmen. Das beobachten auch Therapeuten, mit denen ich mich regelmäßig unterhalte.

Als in dieser Woche eine junge Frau zu mir kam und erklärte, ihr sei da vor Wochen was am Zahn abgebrochen und jetzt ziept es ab und an, war ich schon nach einem Blick auf ihre Zähne ziemlich schockiert. Sie achtet sonst sehr auf ihr äußeres Erscheinungsbild.

Der eigentliche Grund für ihren schnellen Besuchswunsch war eine jetzt anstehende dreiwöchige Auslandsreise. Nur war das kleine abgebrochene Stück Zahn das kleinste Übel. Der Zahn war wie ein morsches Gebäude, in dem im Inneren bereits die Trümmer einzelner Wände zusammengebrochen lagen. Dieser Zahn hat jetzt nur noch zwei Optionen: entweder mit einer Wurzelbehandlung versorgt zu werden und damit alle negativen Anteile dieser Behandlung zu akzeptieren oder ihn zu entfernen. Eine angefertigte Röntgenaufnahme zeigte zudem noch an vielen anderen Zähnen teils auch bereits stark vorangeschrittene Karies. Und sie hat nirgends Schmerzen. Dieses Beispiel ist leider kein Einzelfall.

Das scheinbare Nichternstnehmen der Gesundheit, insbesondere in Bezug auf Vorsorgeuntersuchungen beim Zahnarzt, kann durch verschiedene Faktoren erklärt werden.

  1. Fehlende Symptome und Unbeschwertheit: Oft neigen Menschen dazu, ihre Gesundheit zu vernachlässigen, wenn sie keine unmittelbaren Symptome oder Schmerzen verspüren. Der Mangel an spürbaren Beschwerden führt manchmal dazu, dass Vorsorgeuntersuchungen als unnötig betrachtet werden. Menschen könnten denken: „Solange ich keine Schmerzen habe, ist alles in Ordnung.“
  2. Zeitmangel und Prioritäten: In unserer hektischen Gesellschaft haben viele Menschen einen vollen Terminkalender, was zu einem Mangel an Zeit für Vorsorgeuntersuchungen führen kann. Der Gedanke, Zeit für einen Zahnarztbesuch oder andere Vorsorgeaktivitäten aufzubringen, kann aufgrund anderer als dringlich empfundener Verpflichtungen vernachlässigt werden.
  3. Ängste und Vorbehalte: Ängste vor medizinischen Untersuchungen, insbesondere vor Zahnarztbesuchen, können Menschen davon abhalten, notwendige Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen. Furcht vor Schmerzen, Unbehagen oder vor schlechten Nachrichten kann zu Vermeidungsverhalten führen.
  4. Mangelndes Bewusstsein und Aufklärung: Einige Menschen sind möglicherweise nicht ausreichend informiert über die Bedeutung von regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen. Das Bewusstsein dafür, dass vorbeugende Maßnahmen helfen können, schwerwiegendere gesundheitliche Probleme zu verhindern, könnte fehlen.
  5. Finanzielle Überlegungen: Die finanzielle Seite spielt eine Rolle, besonders wenn Menschen keine vernünftige Versicherung haben oder begrenzte finanzielle Ressourcen zur Verfügung stehen. Kosten für medizinische Behandlungen und Vorsorgeuntersuchungen können dazu führen, dass Menschen zögern, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, es sei denn, sie stehen vor akuten Problemen.

Um dieses scheinbare Desinteresse an der Gesundheit zu überwinden, ist eine ganzheitliche Herangehensweise erforderlich. Dazu gehören Aufklärungskampagnen, um Menschen über die Vorteile von Vorsorgeuntersuchungen zu informieren, sowie die Beseitigung von Barrieren wie Zeitmangel und finanziellen Sorgen. Eine proaktive Einstellung zur Gesundheitspflege, die die Bedeutung von regelmäßigen Kontrollen betont, kann langfristig zu einer verbesserten Lebensqualität und Wohlbefinden führen.

Meiner Meinung nach fängt das jedoch bei jedem selbst an. Das Verstehen, dass in diesem Beispiel Karies nur ein Symptom des Körpers ist, mit dem er zeigen möchte, dass im Körper die Regularien aus den Fugen geraten sind. Der menschliche Körper ist ein wahnsinnig cleveres Konstrukt, er möchte eigentlich nur überleben. Deswegen zeigt er anhand kleiner Dinge wie einer Zahnfleischentzündung an, dass er bei etwas Hilfe benötigt.

Hören wir nicht auf ihn, sondern betrachten das als normal, sucht sich der Körper eine andere Möglichkeit, um Aufmerksamkeit zu erhalten. Das kann dann zum Beispiel die Entstehung von Karies sein. Wir lernen schon in der Schulzeit, dass Zucker schlecht für die Zähne ist und dreimal am Tag Zähneputzen angesagt sei. Am besten mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta. Irgendwann lernen wir etwas über Zahnseide und Zwischenraumbürsten. Im Grunde sollte doch mit all diesen Maßnahmen keine Karies mehr entstehen, oder? Warum passieren dann regelmäßig solche Ereignisse wie bei dieser jungen Frau?

 

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Klaus Kelle, Chefredakteur