Viele marschieren auch heute wieder auf Knopfdruck los, wenn ein Feind vorgegeben wird

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser!

Gestern Morgen hatte ich in Berlin-Mitte ein Auto mit ukrainischem Kennzeichen vor mir. Weißer Mitsubishi Colt, ein paar Beulen an der linken Seite, wie ich später beim Überholen bemerkte.

Das sind sie also, die reichen Kinder ukrainischer Milliardäre, die sich der Verteidigung ihres Vaterlandes gegen den russischen Überfall entziehen und nach Deutschland kommen – weil sie ja reiche Günstlinge sind – um Bürgergeld abzuholen….

Desinformation ist kein neues Phänomen, auch keine Erfindung der Russen. Erstens erfinden die nix, und zweitens lassen sich auch andere Großmächte nicht lumpen, wenn Sie zum Beispiel an Saddams Chemiewaffen denken, die die Amis einst vor dem UN-Sicherheitsrat präsentierten, die es aber gar nicht gab. Und das wurde zur Rechtfertigung eines Krieges mit später 100.000 Toten präsentiert.

Oder denken Sie – solche Vergleiche sind immer haarig, ich weiß – an die Hetze gegen Juden in den 30er Jahren, die letztlich über die Reichsprogromnacht zur Wannseekonferenz führte und der industriell organisierten Vernichtung von Millionen Menschen. Man teilt der Bevölkerung mit, wer der Feind ist, der Unmensch, und dann marschieren die Massen los.

Und diejenigen, die sich – übrigens zu recht – dagegen wehren, dass in unseren Zeiten die AfD oder die Rechten von Staats wegen in Deutschland zum Feind erklärt werden, gegen den nahezu jedes Mittel zur Bekämpfung erlaubt ist, machen selbst mit, wenn die Fake News von der eigenen Seite kommen.

Gestern stieß ich auf Facebook auf ein Posting mit einer bunten Kachel, auf der neben einem Bild des ukrainischen Präsidenten Selenskyj stand, er habe gerade für 160 Millionen ein Spielcasino gekauft. Spontan lachte ich auf, weil ich dachte, das ist so billig und platt, das kann doch keiner ernstnehmen, aber sie nehmen es ernst.

So wie sie ernstnehmen, dass alle Ukrainer in Deutschland Fahnenflüchtige sind, die in ihren SUVs wegen Bürgergeld kommen. Das ist so irre, man kann sich nur noch an den Kopf fassen. Wer SUV fährt, braucht ganz sicher kein Bürgergeld. Aber sie glauben es, weil sie es glauben wollen.

In irgendeinem anderen Thread hatte ich kürzlich etwas von der ARD-Tagesschau verlinkt, was absolut sauber und nachrichtlich war.

Sofort kam ein verächtliches „Tagesschau klar…“ zurück. Ein Teil der Bevölkerung blendet die Wirklichkeit mit all ihren Facetten einfach aus. Was nicht ins eigene Weltbild passt, denken wir uns einfach weg. Und was passt, das nehmen wir automatisch für bare Münze. Eine Tagesschau-Meldung? Sowieso gelogen. Eine bunte Kachel, ohne Quelle – das ist die einzige Wahrheit.

Mir geht es gar nicht um eine gute Verschwörungstheorie. Nicht selten haben sich diese irgendwann als wahr herausgestellt. Mir geht es darum, dass es auch heute noch in Deutschland möglich ist, auf Knopfdruck zwei Drittel der Bevölkerung gegen eine Gruppe Menschen aufzuhetzen – und das Schärfste: ohne jeden Beweis.

Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen so ist, und wer zu Ihrem Bekanntenkreis gehört. Also, ich kenne Präsident Selenskyj nicht persönlich. Aber alle außer mir wissen anscheinend, was der im Hintergrund so treibt, wie sein Kontostand ist, wo seine Frau welche Kleider kauft und so weiter. Woher wissen das alle? Klar, sie haben bunte Kacheln gesehen im Internet. Und sie fragen nicht, woher die stammen, wer die zu welchem Zweck produziert und jeden Tag massenhaft durch die sozialen Netzwerke jagt. Sie nehmen es als die Wahrheit, weil sie das glauben wollen.

Ich glaube, Präsident Selenskyj hat gerade etwas anderes zu tun, als ein Casino zu kaufen.

Bleiben Sie wachsam!

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle