Warum US-Präsident Donald Trump Taiwan nicht fallen lassen wird

Als wenn die Taiwaner nicht schon genug Sorgen hätten. Nicht nur droht Xi Jingpings Volksrepublik immer wieder mit Gewalt und Krieg; nun kündigt auch noch der Präsident des einzig wichtigen Verbündeten, der unentbehrlichen Schutzmacht USA, massive Zollstrafen gegen Taiwan an. Und schon überschlagen sich bei uns die Kommentare, die vorauszusehen glauben, Trump werde die Taiwaner einfach fallen lassen. Und seine Drohungen lassen in der Tat erst einmal aufhorchen: Immerhin sollen ausgerechnet die High-End-Mikrochips betroffen sein, jene Super-Chips, bei denen Taiwan weltweit eine quasi marktbeherrschende Stellung und einen fast uneinholbaren Vorsprung hat.
Taiwanisches Alleinstellungsmerkmal
Aber diesen Vorsprung haben die Taiwaner sich nicht durch unfaire Praktiken und protektionistische Tricks erworben, sondern durch viele Jahre sehr harter Arbeit. Kaum ein amerikanischer oder deutscher Ingenieur hält auf Dauer das Arbeitstempo und den Innovationsdruck beim Marktführer TSMC in Taiwan aus; außerdem lassen schon das Lohnniveau und die kläglichen Urlaubsregelungen unsere Leute schnell abwinken. Diese Firma hat zudem auf der kleinen tapferen Insel ein spezialisiertes Netzwerk von Forschern, Entwicklern, Zulieferern und Logistikern aufgebaut, das weltweit seinesgleichen sucht. Da kann man schon neidisch werden, aber das lässt sich nicht im Hau-Ruck-Verfahren verpflanzen oder kopieren. Auch China schafft das nicht.
Donald Trump mutmaßt nun, das alles sei doch eigentlich amerikanische Brainpower und irgendwie ausgewandert oder gestohlen. Im Gegensatz zum roten Kaiser in Peking, der koste es was es wolle das ganze Land seinem Reich einverleiben will, verlangt der U.S.-Präsident nur eine forcierte „Repatriierung“ von Know-How und Wertschöpfung. Freilich reiten beide Staatschefs damit Chimären.
Komparative Vorteile
Schon Joe Biden hatte mit sanftem Druck und finanziellen Anreizen versucht, TSMC zum Bau von High-End-Chipfabriken in den USA zu bewegen. Und die Firma hat sich dem Druck gebeugt, wenn auch zögerlich. Dennoch werden die Werke in den USA noch lange nicht die Top-Produktion im Heimatland Taiwan ersetzen können. Das wird übrigens auch das in Sachsen entstehende ESMC-Werk, ebenfalls ein Ableger des taiwanischen High-Tech-Riesen, nicht können. Es soll zwar dringend gebrauchte Chips in höchster Qualität und erheblicher Menge produzieren, aber dabei handelt es sich nicht die absolute Spitze der Entwicklung, sondern um obere Mittelklasse.
Teure Versicherung
Die Super-Mikrochips sind Taiwans beste Lebensversicherung. Keine US-Regierung wird diesen Schatz kampflos Peking überlassen. Aber Donald Trump plant nun gewissermaßen eine massive Verteuerung der Versicherungs-Police. So ähnlich wie er gegenüber der NATO den amerikanischen Schutzschirm zu monetarisieren sucht, droht er nun dem kleinen Taiwan eine beängstigende Verteuerung seiner Sicherheit an. Und das obwohl auf taiwanischem Boden kein einziger G.I. stationiert ist und die US-Schutzzusagen schon immer bewusst im Bereich des Zweideutigen und des „man-kann-nie-wissen“ verblieben. „Strategic Ambiguity“ ist der hochtrabende Ausdruck für diese Art sicherheitspolitischer Zweideutigkeit und Zögerlichkeit. Dafür nun hohe Tribute zu fordern, ist nicht gerade fair.
Pekings D-Day-Planungen
Gerade in diesen Wochen macht Peking mal wieder mit seinen mutmaßlichen Kriegsplänen von sich reden. Da wurden in südchinesischen Werften sonderbare Schiffsungetüme gesichtet, die wie misslungene Flugzeugträger aussehen, in Wirklichkeit aber riesige ausfahrbare Landungsbrücken tragen. Damit ließen sich an bestimmten Küsten provisorische Hafenanlagen erstellen, komplett mit andockenden Panzertransportschiffen. Die geplante Verwendung dieser Ungetüme ist eindeutig, denn niemand braucht so etwas in der Handelsschifffahrt.
Zusammen mit den regelmäßigen Landungs- und Blockade-Übungen der chinesischen Marinestreitkräfte haftet diesen Vorgängen so gar nichts von „Strategic Ambiguity“ an; man könnte eher von „aggressive obviousness“ sprechen, von gnadenloser Offensichtlichkeit.
Davon abgesehen macht die Partei- und Regierungsführung in Peking überhaupt kein Geheimnis daraus, dass die Einverleibung Taiwans nicht nur dem Nachruhm Xi Jingpings als Groß-Imperator dienen soll, vom nationalistischen Propaganda-Kitsch ganz zu schweigen. Vielmehr strebt die Volksrepublik China offen nach vollständiger Eliminierung amerikanischer maritimer Präsenz im gesamten westlichen Pazifik. Die „Brückenschiffe“ sind nur Spielzeuge verglichen mit der eigentlichen Flotten- und Raketenrüstung Pekings.
Kostbare Insel-Kette
Taiwans zweite Lebensversicherung bestand immer darin, dass keine US-Regierung zulassen kann, dass jene wunderbare „Inselkette“, die von Norden Japans bis zum Südende der Philippinen das chinesische Festland so schön einhegt, ausgerechnet an der entscheidenden Stelle – Taiwan – von Peking durchbrochen wird, das damit ungebremsten Zugang zum offenen Pazifik erlangen würde. Und angesichts der beispiellosen Aufrüstung Chinas, nicht nur zur See, ist diese Inselkette ein noch kostbarerer strategischer Schatz als jemals zuvor.
Es gibt keinen „Deal“, der so gut wäre, dass Washington dieses geographisch-strategische „Gottesgeschenk“ dafür aufgeben würde. Was könnte Xi Jingping dafür schon anbieten? Und strebt nicht Donald Trump danach, die USA noch größer und mächtiger zu machen? Grönland und der Panama-Kanal, beide ohnehin im Kriegsfalle schon jetzt unter unangefochtener amerikanischer Kontrolle, hätten nicht zehn Prozent des „Wertes“, den die Pax Americana im Pazifik hat.
Also ist es wenig wahrscheinlich, dass Trump Taiwan so einfach fallenlässt.
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