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Westliche Sanktionen gegen Russland bleiben ohne Wirkung

Was der Ölmarkt über China und Russland verrät – und warum Deutschland der Dumme ist

MICHAEL STING
FOTO: depositphotos/imarksm | Der Ölexport Russlands verläuft trotz westlicher Sanktionen reibungslos.

„Heute kann ich sagen, dass ein Embargo handhabbar für Deutschland geworden ist“

Das sagte Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am 26. April 2022 zu einem möglichen Öl-Embargo gegen die Russische Föderation, das dann im Sommer 2022 in Kraft getreten ist.

Eine direkte Folge des Kriegs in der Ukraine und der mit ihm verbundenen westlichen Sanktionen ist, dass Russland sich selbst von seinen bislang bevorzugten Handelspartnern im Westen getrennt hat. Als Alternative wurden neue Kooperationen mit Partnern im asiatischen Raum aufgebaut.

Die chinesische Importstatistik für Erdöl wies Saudi-Arabien jahrelang als das größte und damit wichtigste Herkunftsland für die Ölimporte der Volksrepublik aus. In der Zwischenzeit hat Russland diese Position übernommen, denn erstmals seit 2018 hat das Reich der Mitte nach Angaben seiner Zollbehörde aus dem Nachbarland mehr Erdöl importiert als aus der Golfmonarchie.

Derzeit weisen die Daten der Zollbehörde tägliche Öleinfuhren aus Russland in Höhe von 107 Millionen Tonnen oder 2,14 Millionen Barrel pro Tag aus. Gegenüber dem Vorjahr ist dies ein Anstieg von 24 Prozent. Hingegen sanken die chinesischen Ölimporte aus Saudi-Arabien leicht auf 86 Millionen Tonnen.

Auf dem dritten Platz der chinesischen Einfuhrstatistik folgt der Irak. Er lieferte 59 Millionen Tonnen Rohöl pro Tag in die Volksrepublik. Überraschend ist, dass Malaysia den vierten Platz in dieser Statistik einnimmt, denn als nennenswerter Ölproduzent ist das Land bislang noch nicht in Erscheinung getreten. Allerdings verlaufen wichtige Seehandelsrouten von und nach China durch Gewässer, die von Malaysia kontrolliert werden.

Hinter den Einfuhren aus Malaysia könnten sich indirekte Importe aus dem Iran und aus Venezuela verbergen

In diesem Fall würde das in beiden Ländern geförderte Öl im malaysischen Seeraum umgeladen und anschließend weiter nach China verschifft. Die chinesische Zollstatistik weist für die beiden ebenfalls mit Sanktionen belegten Länder keine offiziellen Einfuhren aus.

Und ein weiteres Land fällt in Auge des aufmerksamen Betrachters.

Zahlen des Statistischen Bundesamts lassen den Schluss zu, dass Deutschland über Indien weiterhin größere Mengen russisches Öl importiert.

So hatten sich die Einfuhren an Mineralölerzeugnissen aus Indien in den ersten sieben Monaten des Jahres 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mehr als verzwölffacht.

Die Importe für Mineralölerzeugnisse aus Indien nach Deutschland lagen im ersten Halbjahr 2023 bei 451 Millionen Euro. Das waren demnach 2,4 Prozent aller deutschen Importe von Mineralölerzeugnissen in dieser Zeit. Im Vorjahreszeitraum waren es nur 37 Millionen Euro.

Doch nun zurück zu China

Insgesamt ist die Ölnachfrage aus dem Reich der Mitte weiterhin schwach, denn die Daten des Nationalen Statistikamtes lassen erkennen, dass im Dezember lediglich 60,1 Millionen Tonnen bzw. 14,2 Millionen Barrel Rohöl pro Tag in China raffiniert wurden. Dies stellt den niedrigsten Tageswert dar, der im gesamten Jahr 2023 gemessen wurde.

Das führt zu zwei Schlussfolgerungen

  1. Das Ölembargo gegen Russland hat sich als Bumerang-Effekt erwiesen. Nicht nur, dass Russland weiterhin sein Öl auf anderen Märkten exportieren kann, die Einfuhrkosten für Deutschland haben sich dadurch gleichzeitig erhöht, ohne dass das strategische Ziel einer wirtschaftlichen Schwächung Russlands auf diesem Weg erreicht werden konnte.
  2. Die wirtschaftliche Konjunktur in China scheint bei weitem nicht so erfolgreich zu sein, wie der chinesische Ministerpräsident Li Qiang auf dem Wirtschaftsgipfel in Davos behauptet hat.

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Klaus Kelle, Chefredakteur