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„Weed“ und „Motherfucker“ – meeting The Dogg in Berlin

Liebe Leserinnen und Leser,

Gesundheitsminster Karl Lauterbach (SPD) will Cannabis legalisieren. Die 10.000 Musikfreunde in der Berliner Max-Schmeling-Halle, die gestern – wie ich und einer meiner Söhne – zum Konzert des amerikanischen Rap-Superstars Snoop Dogg gepilgert waren, wissen vermutlich gar nicht, was Karl Lauterbach da fordert. Wie legalisieren? Ist das denn immer noch verboten?

Also, wenn Sie in dieser Kultur nicht so unterwegs sind: Snoopie heißt eigentlich Calvin Cordozar Broadus Jr. und stammt aus einem Armenviertel im kalifornischen Long Beach. Und er hat es wirtschaftlich geschafft, bis gestern Abend war mir nicht klar, dass ich nahezu jeden Titel von ihm kenne, ohne vorher gewusst zu haben, dass er dabei mitgewirkt hat.

Ich könnte viel zu diesem Konzert gestern und dem Mann auf der Bühne schreiben. Genderforscher_*Innen und städtische Gleichstellungsbeauftragt_*Innen haben keine Ahnung, was Snoop und seine Mitarbeiterinnen da auf der Bühne tun. Als nach dem Vorprogramm umgebaut wurde für den Meister, überlegte ich – konservativ und katholisch – noch, warum da vier wuchtige Elemente aufgebaut wurden, die mit goldenen Stangen in die Höhe ragten. Und warum im Halbdunkeln am Rande der Bühne eine offenbar kaum bekleidete junge Frau im…nennen wir es Badeanzug …nennen wir es Gymnastik machte. Vielleicht hat sie Rückenschmerzen, dachte ich spontan. Zu lange am Schreibtisch im Büro oder so.

Aber mitnichten, Freunde

Also zusammengefasst. Es war musikalisch – wenn Sie diese Musik mögen – phä-no-me-nal. Snoop Dogg ist für mich – nach Eminem – der weltweit beste Rapper. Und er ist vielleicht der entspannteste Künstler, den ich jemals auf einer Bühne erlebt habe. Nicht zum ersten Mal übrigens. Vor zehn Jahren war ich in Düsseldorf mit meinem ältesten Sohn schon mal bei so einem Konzert. Dogg trat damals zumsammen mit P. Diddy auf, keine Ahnung wie der heute heißt. Die Herrschaften wechseln ja gern mal ihre Künstlernamen. Ich hatte damals noch eine Woche danach ein leichtes Pfeifen im Ohr. Wie Marihuana riecht wusste ich schon vorher. Nicht, weil ich das rauche oder in Keksen eingebacken zu mir nehme. Null. Ich habe mich mein ganzes Leben an SAY No TO DRUGS gehalten. Ich pfeife mir keine chemischen Substanzen rein, um in Hochstimmung zu sein. Ich schreibe seit Jahrzehnten über deutsche Politik, da ist man anschließend high genug. Und wenn das nicht ausreicht, dann tut es bei mir ein Bayreuther Helles.

Mit Susanne kam ich bewusst das erste Mal in New York mit diesen süßlichen Dämpfen in Kontakt

Sie überraschte mich, als wir dort 1993 ein paar Tage „chillten“, mit zwei Tickets für ein Konzert der Residents in einem Theater in Harlem. Das ist eine Avantgarde-Formation, die seltsame Musik darbietet und deren Bandmitglieder unbekannt sind. Sie tragen Masken, alles ist ein wenig spookie und düster. Als Journalist erlebt man ja immer mal Absonderliches. Und es war da kaum möglich zu atmen, weil außer ich niemand im prall gefüllten Theater kein „Weed“ rauchte. Es war ein berauschender Abend, so weit ich mich noch an Details erinnern kann.

Heute können Sie dem Zeug überhaupt nicht entgehen

Der unverwechselbare Geruch ist irgendwie überall wahrzunehmen. Gestern sogar auf dem freien Platz vor dem Eingang der Max-Schmeling-Halle, aber auch beim Einkaufen in der Fußgängerzine, Samstags in der Fankurve im Stadion…wenn Sie einmal wissen, wie das Zeug riecht, dann stellen Sie verwundert fest, dass sich die Hälfte unserer Bevölkerung offenbar einen Sch…darum kümmert, was verboten ist. Lauterbach soll sich ein anderes Hobby suchen! Legalisieren muss er nix mehr, das machen die Leute ganz allein.

Fassen wir zusammen, ich mag Rap und HipHop sehr. Wie viele von Ihnen habe ich in den 70er Jahren mit Michael Holm („Mendocino“) und den Beatles angefangen und mich dann so durch alle Musikstile durchgearbeitet. Als ich mit 14 Jahren meine erste eigene Schallplatte kaufte – Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band von den Beatles – dachte mein Vater (er hatte jede verdammte Platte von James Last im Wohnzimmerschrank) nun werde auch sein Sohn zu einem langhaarigen „Haschbruder“. Kam dann anders, obwohl ich gerne lange Haare gehabt hätte, aber das verhinderte er, so lange ich noch nicht 18 war.

Snoop war super, wirklich. Die ganze Halle war getaucht in „Weed“-Dämpfe, der Meister auf der Bühne lief da singend in einem malerischen blauen Einteiler und weißen Sneakers herum und rauchte dabei ungeniert Joints. Unglaublich eigentlich. Der wartete gar nicht darauf, dass er von Karl Lauterbach befreit wird. Der machte es einfach.

Ach ja, und die goldenen Stangen…

Die waren für die lebende Bühnendekoration. An denen rekelten sich leicht…ich weiß nicht, ob man das noch als „bekleidet“ bezeichnen kann – fünf überragend laszive junge Damen. Stellen Sie sich das vor wie California Dream Girls! Lasziv, wenn Sie den Begriff nicht kennen, nennen Erklärbücher „gekünstelte Schläfrigkeit Sinnlichkeit verbreitend [und bei anderen sexuelle Begierde auslösend]“ Jepp, so war es. Also, bei den anderen…

Die ganze Show war der blanke Horror für das Gutmenschentum. Sexismus pur, nicht zu fassen, was die da an den Stangen akrobatisch leisteten. Drogenmissbrauch und kultivierter Sprachgebrauch. „Weed“ und „Motherfucker“ habe ich zuvor in meinen bald 64 Jahren zusammen nicht so oft gehört, wie gestern Abend.

Ihnen allen ein schönes Wochenende!

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Kaus Kelle

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Klaus Kelle, Chefredakteur