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Zwei knappe Ansagen,Trainer, dann läuft das Ding nachher!

Liebe Leserinnen und Leser,

heute Abend geht es um alles, jedenfalls für diejenigen unter Ihnen, unter uns, die sich für Fußball interessieren.

Fußball ist ein deutsches Kulturgut, das erkannte selbst die britische Ausnahmespieler Gary Lineker in den 80er Jahren. Sein Satz für die Ewigkeit lautete:

„Fußball ist ein einfaches Spiel: 22 Männer jagen 90 Minuten lang einem Ball nach, und am Ende gewinnen immer die Deutschen.“

Schön wär’s, denkt man heute, nach dem 0:1 gegen Frankreich zum Auftakt der deutschen Nationalmannschaft in die Fußball-Europameisterschaft. 0:1 nach 90 Minuten gegen den amtierenden Weltmeister, dessen Spieler das Who is Who der Fußballwelt widerspiegeln – das reicht uns nicht. Wir sind Deutsche, wir wollen schlecht gelaunt sein. Joachim Löw? Hat keine Ahnung vom Fußball! Thomas Müller? Hat doch noch nie ein Tor bei einer EM geschossen und so weiter.

Dabei ist Fußball so ein richtiges Männerding, auch wenn ich jetzt wieder böse Mails bekomme. Unvergessen ein Abend vor vielen Jahren im „Low Budget“, einer lauten Underground-Kneipe in Köln, wo es Tequila Gold vom Faß gab und wahrscheinlich auch heute noch gibt. Irgendwie hatte jemand den Wirt – mitten im Herzen der Jecken-Metropole – davon überzeugt, dass er seine Kneipe aufwerte, wenn er einen Wimpel von Arminia Bielefeld hinter der Theke aufhänge. Und er machte es und hatte uns 28 Jungs und zwei Mädels vom Fanclub „Rheinlandarminen“ als Stammgäste gewonnen. Wie viele Geißbock-Freunde er gleichzeitig verloren hatte, das interessierte ihn nicht. Man muss Prioritäten setzen.

An diesem Bierabend kam ich mit meinem Freund „Kricke“ ins Gespräch und wir überlegten gemeinsam bei Pils (gab es da Gott sei Dank auch) und Tequila, ob wir die Spiele der anstehenden Fußball-WM der Frauen in Deutschland verfolgen wollen. Wir waren uns schnell einig: Nein, das wollen wir nicht. „Krickes“ Satz für die Ewigkeit an diesem Abend, mit schwerer Stimme und seiner rechten Hand auf meiner Schulter:

„Klaus,…das ist ein ganz anderer Sport.“

Aber Fußball – auch wenn mir demnächst vermummte Emanzen an einer Straßenecke auflauern, mir einen Kartoffelsack über den Kopf werfen und auf mich einprügeln werden – ist ein Männersport. Ich habe zwei, drei Mal Frauenfußball geschaut – das ist ambitioniert, da gibt es starke Dribblings und klasse Flanken, ich will das wirklich nicht abwerten, aber „Kricke“ hat recht. Männerfußball ist anders, archaischer, kraftvoller, auch gewalttätiger. Als ich das erste Mal ein Frauenspiel anschaute, kein Witz, gab es in 90 Minuten nicht eine einzige gelbe Karte. Nicht eine! Ich bin sicher, die Spielerinnen hatten in der Kabine während der Halbzeitpause Orangentee und Erdbeertörtchen zur Erfrischung. Ich kann das nicht, macht, was Ihr wollt, aber lasst mich damit in Ruhe!

Nun also „Die Mannschaft“, ekelhaft dieser Kunstbegriff irgendwelcher PR-Heinis. Es ist unsere deutsche Fußball-Nationalmannschaft – so wie überall auf der Welt die Besten der Länder als Nationalmannschaft formiert werden. Und ich bin stolz, wenn unser Team, wenn Deutschland gewinnt. Wissen Sie noch die WM in Brasilien – 5:0 nach einer halben Stunde. In und gegen B-R-A-S-I-L-I-E-N? Das vergisst ein Fußballfan sein Leben nicht.

Oder 1974, Helmut Schön im hellblauen Adidas-Trainingsanzug auf der Trainerbank: Das Endspiel Deutschland gegen Holland, bei uns im Wohnzimmer meiner Eltern vor dem Fernseher mit den Nachbarn. Bier und Kartoffelchips ohne Ende. Ich war der Einzige, der für Holland war, weil ich die Art, wie Johan Cruyff und Johan Neeskens Fußball spielten, damals galaktisch fand. Man hat immer mal so Spieler, die eine unverwechselbare Ästhetik verkörpert. Maradona natürlich, und ich fand immer David Beckham bei den Engländern überragend. Aber das führt jetzt zu weit. Jedenfalls war ich 1974 im Zuhause meiner Eltern sowas wie ein Querdenker.

Nur noch kurz angemerkt, dass Neeskens damals ’74 in der zweiten Minute einen berechtigten Foulelfmeter verwandelte und Holland in Führung ging, und ich jubelte. Als Einziger. Dass ich heute noch Kelle heißen darf, lag ausschließlich daran, dass Deutschland am Ende gewann und mein ernsthaft erzürnter Vater mich letztlich nicht verstieß.

Was soll ich sagen, ich freue mich total auf das Spiel nachher. Wieder einmal. Eingeladen bei Freunden, wir werden grillen, Bier trinken und Fußball gucken. Vorher eine Fahne ans Auto stecken: Schwarz-Rot-Gold, unsere Fahne. Ich glaube, „wir“ werden 3:1 gewinnen, Ronaldo hin oder her. Der Trainer wird den Stürmern sagen, dass sie dieses Mal auch aus der Distanz aufs Tor schießen dürfen und Joshua Kimmich von der für ihn nutzlosen rechten Außenbahn dahin beordern, wo er derzeit Deutschlands Bester ist: ins Mittelfeld als klassischer 6er auf der ihm bei Bayern angestammten Position. Und dann läuft das Ding!

Glückauf!

Ihr Klaus Kelle

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Klaus Kelle, Chefredakteur