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Abhängig von Putins Gas: Doch Angela Merkel will nichts falsch gemacht haben

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Bundespressekonferenz. Foto: Wolfgang Kumm/dpa

von JULIAN MARIUS PLUTZ

BERLIN – Politiker pflegen mindestens eine Unart zu haben: Selten sind sie in der Lage, aufgrund falscher Entscheidungen um Entschuldigung zu bitten. Dabei vermissen genau das die Wähler: Aufrichtigkeit und eine echte Fehlerkultur. Mein Vater pflegt den klugen Satz zu sagen: „Wer arbeitet macht Fehler. Wer viel arbeitet macht viele Fehler. Und wer keine Fehler macht, der ist ein fauler Hund.“ Letzteres möchte ich Politikern nicht unterstellen, den Mittelteil der Stilblüte dagegen schon. Doch es stimmt: Wo Menschen agieren, werden Menschen auch immer Fehler machen.

Den Mut zu haben, für ein Fehlverhalten geradezustehen, scheint bei Politikern kaum vorhanden zu sein. Ob es an der medialen Aufmerksamkeit liegt oder am Wunsch, wiedergewählt zu werden; selten hört man genau die Worte, die die Bürger in einer Krise hören möchten: “Es tut mir leid. Diese Entscheidung war falsch. Ich bitte um Vergebung“. Die Demut vor dem Amt gebietet dies eigentlich. Eigentlich.

Wer nur auf ein Pferd setzt kriegt Probleme, wenn dieses nicht mehr laufen kann

Um eine Wiederwahl geht es Angela Merkel natürlich nicht. Auf die Frage während einer Veranstaltung in Lissabon, ob es ein Fehler war, auf russisches Gas zu setzen, antwortete die ehemalige Kanzlerin wie folgt:

„Aus der damaligen Persektive war es sehr rational und nachvollziehbar, leitungsgebundenes Gas aus Russland zu beziehen, das billiger war. (…) Selbst im Kalten Krieg war Russland ein verlässlicher Energielieferant und deshalb bereue ich meine Entscheidungen überhaupt nicht, sondern dass es aus der damaligen Perspektive richtig war.“

Angela Merkel bereut eine Entscheidung, die heute jeder, selbst Beobachter, die Russland näher stehen, als falsch bezeichnen, nicht? „Wer streut, rutscht nicht aus“, heißt es, wenn man sich ein Aktienportfolio anlegen soll. Wer auf diverse Energiequellen setzt, erlebt keine böse Überraschung, wenn ein Akteur einen „brutalen Angriffskrieg“ beginnt. Doch Frau Angela Merkel bereut nichts. Mehr noch. Sie bereue auch nicht, „den Kampf gegen den Klimwandel“ in ihrer Regierungszeit beschleunigt zu haben.

„Ich kann nicht erkennen, was ich hätte anders machen sollen“

Da fällt einem nichts mehr ein. In der Ära Merkel steigt Deutschland aus zwei Drittel aller grundlastfähigen Energiequellen, Braunkohle, Steinkohle und Kernkraft, aus. Gleichzeitig verdoppelte sich aufgrund des grünen Wackelstroms der Energiepark, was man, Stichwort Klimawandel, nicht gerade als nachhaltig bezeichnen kann. Man musste auf Gas setzen, um bei Dunkel- und Windflauten, die bei den volatiblen erneuerbaren Energien nun mal vorkommen, abdecken zu können. Gleichzeitig sank der CO2 Gehalt zwar in Deutschland, weltweit steigt er jedoch im Pro-Kopf-Verhältnis kontinuierlich, was wiederum am Zertifikantenhandel liegen dürte. Aber in Angela Merkel denkt es: „Ich habe alles richtig gemacht“. Diese Unfähigkeit, das eigene Verhalten zu reflektieren, ist prototypisch für die allermeisten Politiker

So auch für die Dame aus der Uckermark. Zwar verlor die Union zur Bundestagswahl mehr als 8 Prozent, zwar etablierte sich eine Partei rechts von CDU und CSU, dennoch verstand Merkel die damalige Aufregung nicht. Auf einer Pressekonferenz sagte sie, „ich kann nicht erkennen, was ich hätte anders machen sollen“. Diese Selbstüberschätzung scheint ein tiefes, charakterliches Problem gerade von Politikern zu sein, die über Jahre nichts anderes als im Politikbetrieb gearbeitet zu haben.

Merkels Worte sind ein Schlag ins Gesicht der Bürger

Seit bald 20 Jahren hat Angela Merkel nie einen Parkplatz gesucht. Zwar ging sie immer wieder einmal medienwirksam Lebensmittel einkaufen, aber auch dieses Ereignis muss Tage vorher geplant werden. Sicherheitskräfte sind stets an ihrer Seite. Vom normalen Leben normaler Deutscher hat Merkel längst keine Ahnung mehr. Das kann man ihr nicht zum Vorwurf machen. Was man ihr aber vorwerfen muss ist, dass sie dieses Defizit nicht erkannt hat und nicht entgegensteuert.

Angela Merkel wird sich vielleicht über die hohen Gas-und Strompreise gewundert haben. Mit einer Rente von rund 15.000 Euro monatlich, viele Frauen erhalten diesen Betrag nicht einmal im gesamten Jahr, wird sie die eine oder andere Erhöhung verkraften. Doch viele Bürger, die sie vielleicht sogar gewählt haben, dürften mit dieser mangelnden Fehlerkultur wenig zufrieden sein. Mehr noch: Die Worte der Ex-Kanzlerin sind ein Schlag ins Gesicht derer, die durch harte Arbeit dieses Land erst möglich gemacht haben.

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Klaus Kelle, Chefredakteur