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Auch am Vatertag Gedanken über die Grenzen unserer Freiheit machen

von FELIX HONEKAMP

Wenn ich diesen Beitrag zum „Vatertag“, eigentlich Christi Himmelfahrt, schreibe, dann hat das eine besondere Bewandtnis: Es ist einer der Tage, an denen man sehen kann, was der durchschnittliche Mann so unter „Freiheit“ versteht. Heerscharen jüngerer und älterer Männer ziehen mit Bollerwagen und jeder Menge Bier, Schnaps und Frikadellen durch die Gegend. Dabei machen sie Dinge, die sie sich zu Hause nicht trauen, reden über Frauen, wie sie das gegenüber ihren Ehefrauen nicht tun würden und vergessen ihre Vorbildfunktion für die Kinder vollständig. Kann auch sein, dass einige unter ihnen sind, die gar keine Väter sind. Darauf angesprochen quittieren sie diesen Einwand breit grinsend mit den Worten, dass sie ja nicht so genau wüssten, ob sie nicht doch Väter seien. Sagen wir es in aller Kürze: Niveau geht anders. Und auch wenn ich die Mehrzahl der TheGermanZ-Leser nicht zu dieser Klientel zählen möchte, kennt sie sicher jeder, diese Art einen solchen Tag ähnlich wie eine Kegeltour oder ähnliche Veranstaltungen zu begehen.

Das, so muss man annehmen, verstehen diese Männer unter Freiheit. Nebenbei: Frauen sind da nicht anders, auch wenn sich ihre Veranstaltungen doch ein wenig unterscheiden. Was sie jedoch eint, ist der Wunsch, für einen Tag (oder ein paar Tage), den Alltag gänzlich hinter sich zu lassen und jede Verantwortung einfach zu negieren. „Was auf Malle passiert, bleibt auf Malle!“, so hört und spricht man in den Clubs und Ferienanlagen. Das, so meint man, sei dann Freiheit.

Kehrt man allerdings abends oder nach ein paar Tagen zurück, ist wieder alles beim Alten: Man wäscht am Samstag das Auto, zahlt brav die Steuern, hält den Gehweg vor dem Haus sauber, entrichtet seine GEZ-Steuern, damit man auch mit gutem Gewissen am Sonntag die Lindenstraße schauen kann, aus der man einen Gutteil seiner politischen Bildung bezieht: Tiefer geht es nur noch in Tageschau und heutejournal. Was Claus Kleber oder Marietta Slomka sagen, gilt, genauso das, was Angela Merkel oder Martin Schulz sagen. Die meinen es schon gut mit uns, mit mir. Die bekommen schließlich Geld dafür, dass sie sich kümmern und mich auf dem Laufenden halten. Wenn mal etwas schief läuft, ist der Staat zur Stelle – dafür bezahle ich ihn. Nur ab und zu kommt der Gedanke auf, dass irgendetwas nicht stimmen könnte. Wenn ein Politiker in einer Talkshow meint, die Bürger müssten schon selbst für ihre Sicherheit sorgen, da die Politik keine Verantwortung für ansteigende Einbruchskriminalität übernehmen könne. Wenn Landesvertreter meinen, es gäbe keine No-Go-Areas, obwohl Polizisten bezeugen, dass sie manche Gebiete nur noch mit Unterstützung beträten. Oder einfach, wenn man – nachdem man jahrelang Steuern zahlt – für die verpflichtende Neuausstellung eines Personalausweises eine Gebühr von fast 30 Euro berappen soll.

Dann blitzt sowas durch, dass der Staat und die Medien einem doch nicht die ganze Wahrheit sagen, dass man in den engen Bindungen von Sozial- und Gouvernantenstaat gefangen ist. Dieser Staat erlaubt es mir, einmal im Jahr „die Sau raus zu lassen“, knebelt mich aber ansonsten bei so vielen Gelegenheiten, dass es einem scheint, das habe schon seine Richtigkeit. Und – machen wir uns nichts vor – so sehen es wohl die meisten: Wer sich nicht bewegt, der spürt auch seine Fesseln nicht, hieß mal ein linker Sponti-Spruch. Und so leben die meisten in einer selbst gewählten Unfreiheit und machen es der Politik damit so leicht wie möglich.

Das ist übrigens der Grund, warum unser Justizminister mit seinem – nicht gescheiterten sondern nur vertagten – Versuch der Regulierung einer privatisierten Zensur, nicht in Schimpf und Schande aus dem Amt und vom Hof gejagt wurde. Das ist der Grund, warum sowohl CDU als auch SPD plötzlich die Innere Sicherheit als Wahlkampfthema entdecken, und sich niemand zu kümmern scheint, dass die gleichen Vorschläge, an die man sich sowieso nicht zu halten gedenkt, gestern noch Rechtspopulismus sein sollten. Das ist auch der Grund, warum die einzig politisch etablierte liberale Partei mit zaghaften Versuchen der freiheitlichen Politik es immer nur knapp auf 10  Wählerzustimmung schafft, während libertäre Politik völlig abgelehnt wird und die Mehrheit sich lieber der Betreuung durch die großen Parteien unterwirft.

Das ist aber auch der Grund, warum ich diese Kolumne schreibe – weil ich mich damit nicht abfinden werde, und hier die Werbetrommel rühren werde für die Freiheit. Mag sein, dass die Leser die eine oder andere meiner Thesen – zum Beispiel zur Drogenpolitik – ablehnen. Aber wenn sich ein paar mehr Menschen Gedanken darüber machen, wo die Freiheit heute ihre tatsächlichen Grenzen hat, wenn Sie, verehrte Leserinnen und Leser, sich einspannen lassen in den Kampf für die Freiheit, dann ist schon viel gewonnen.

So, und jetzt geh ich grillen … und – ha! – ein oder zwei Zigarren rauchen!

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Klaus Kelle, Chefredakteur