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Lützegrad und die Ikonografie des Guten

Polizisten tragen die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg aus einer Gruppe von Demonstranten und Aktivisten heraus vom Rand des Braunkohlentagebaus Garzweiler II weg. Foto: Roberto Pfeil/dpa

von THILO SCHNEIDER

LÜTZERATH – Sie ist vorüber. Die Schlacht um Lützerath oder, wie wir sie hier nennen, Lützegrad. Die Polizei räumt das „Dorf“, das aus ein paar Abbruchhäusern besteht und setzt damit Gesetze und Gerichtsbeschlüsse um, an denen diejenigen, die jetzt eifrig und tränenreich demonstriert haben, aktiv mit- und ausverhandelt haben. „Es geht nicht um Lützerath, es geht um die Kohle“ sagen sie unisono, die Luisas und Nykes und Gretas. Und das ist vollkommen richtig.

Es geht um die Kohle, die die Berufsklimaschützer von Sponsoren, NGO, den Staatskassen und privaten Spendern gerne hätten.

Deswegen wurde in Lützegrad auch fleißig neben heißer Luft vor allem Ikonografie produziert. Die Ein-Tages-Aktivisi (so nennt man das, ganz inklusive, damit sich transsexuelle Aktivierende nicht ausgeschlossen fühlen und schon wieder weinen müssen) wie Luisa Neubauer oder die grünen Emilia Fester und Nyke Slawik haben tolle Fotos bekommen.

Luisa Neubauer, wie sie von Polizisten weggetragen wird. Nyke Slawik an der Abbruchkante, mit hübschem gelben Anorak und Wollmütze, während hinter ihr der Abgrund des Tagebaus gähnt. Luisa Neubauer, wie sie im Sitzstreik vor der Polizeikette ein Buch(!) mit dem Titel „Das Prinzip Verantwortung“ aufgeschlagen in die Kamera hält, weil sie sich in der Demokette politisch weiterbildet. Greta Thunberg und Luisa und noch ein paar andere Klimaverängstigte mit Pappschildern, auf denen solche weltschweren Sätze wie „Lützi bleibt“ und „keep it in the ground“ gemalt haben.

Hier die bunte Herde von fröhlichen Demonstranten, dort die dunkle schwarze Staatsmacht im Körperpanzer, mit Schild und Schlagstock.

Von eingemauerten Gasflaschen, aufgetürmten Pflastersteinen und brennenden Autoreifen ist natürlich nichts zu sehen. Dafür gibt es Bilder des bedrohlichen Tagebaubaggers, vor dem ganz klein die klimaschützenden Menschis (damit sich kein transsexueller Menschi ausgeschlossen fühlt und weinen muss) stehen, der Bagger im Sonnenlicht, „Aktivistis“ im fahlen Schein der von der Polizei aufgestellten Flutlichter. Und natürlich, immer und überall präsent, das gelbe X-Kreuz, eine wirklich clevere und symbolische Idee, die die genannte Ikonografie noch mal auf ein ganz neues Level hebt.

Ich gehe davon aus, wir werden bei jedem „Aktivisti“, der dieses kostenlose Disneyland für einen Tag für Pressefotos besucht hat, dieses Kreuz noch öfter als kleines Ansteckerchen an der Kleidung sehen. „I went to Lützerath and all I got, was sis lausy Anstecker“. Dieses hübsche kleine Symbol wird von den Klimapanikern wie ein militärischer Orden getragen werden. Um es mit Shakespeare zu sagen: „Wer heut am Leben bleibt und kommt zu Jahren, der gibt ein Fest am heil’gen Abend jährlich und sagt: „Auf Morgen ist Lützerath!“, streift dann die Ärmel auf, zeigt seine Narben und sagt: „Am Lützerath-Räumungs-Tag empfing ich die.““

Um Lützerath oder die Kohle darunter selbst ging es bei dieser „Demonstration“ nie. Es ging immer nur um die eigene Selbstdarstellung. Epic fails waren auch dabei: Beispielsweise der kindermilchschnittegesichtige Timon Dzenius, Sprecher der grünen Jugend, wie er tapfer und kämpferisch das Fäustchen in die Luft hebt, um zu zeigen, was für ein toller Widerständler, jaja, er ist.
Oder lesen wir die empörten Aufschreie, dass die Polizei einen aus Altholz lieblos und dilettantisch zusammengenagelten Turm der Aktivisti einfach umgeworfen hat, wo den doch nach dem Endsieg das Deutsche Museum für Architektur als historisches Denkmal haben wollte. Weg. Dahin. Vernichtet von einer wilden Horde von Polizeisoldateska, die keinen Sinn für künstlerisch-historisches Kulturgut aus Treibholz haben.

Oder nehmen wir Iza Hofmann, selbst erklärte LGBTQ-„Demosanitäterin“, was schon fast ein bisschen wie „Ärzte ohne Grenzen“ klingt. Laut eigener Aussage auf Twitter ist sie die Behandlerin von Schädelbasisbrüchen und Zeugin brutaler Polizeigewalt. „Basically jeden Knochen des menschlichen Körpers habe ich heute gebrochen gesehen“, schreibt Iza Hofmann auch und gibt dies auch auf einer „Pressekonferenz der Demosanitäter“ zum Besten. Auf Nachfrage von Journalisten, ob es denn hierfür Belege gäbe, antwortet „Frau“ Hofmann, dass sie zwar die Nachfrage versteht, es aber solche Nachweise nicht geben könne, weil wegen Datenschutz und der Wunsch nach Anonymität der Schwerverletzten und so. Den Krankenhäusern in der Umgebung ist diesbezüglich zwar nichts bekannt, aber hey: Simply trust us! Wir sind die Guten und können gar nicht lügen.

Auf Twitter fliegen der „Dame“ die Herzen der Mitdemonstritis und Aktivistis zu, verbunden mit den besten Wünschen, die tapfere Demosanitäterin und ihre 50 Mitstreitenden (Ernsthaft? Ich finde diese Genderei zum Kotzen, aber ich will ja die Fühlis der Opfer von Lützegrad nicht verletzen) mögen ihre im Krieg erlittenen Traumata schnell und gut aufarbeiten können. „Danke für Eure wichtige Arbeit“. Optisch sehe ich da die „Demosanitäter“ hin und her übers Schlachtfeld flitzen, wie sie hier einen Schwerverletzten bergen, dort einem Aktivisti die letzte Ölung geben und in Eckhardts Bauernhof mit der Knochensäge amputieren. Wie sie mit dem mobilen Röntgengerät schlimmste Schädelverletzungen operieren, die Gänge voll mit stöhnenden Verwundeten und gestresst von den Rufen der Verletzten: „Sani! Sani!“. Während um sie herum die Tränengasgranaten der Polizei einschlagen.

In der Realität, da draußen, wo nur Männer einen Penis haben, war das einzige traumatische Erlebnis für Iza Hofmann, dass sie und ihre Mitfantasierer überhaupt nicht in Anspruch genommen wurden, weil sich die Polizeigewalt auf „Schubsen“ und „in den Matsch werfen“ beschränkte. Da wurden bestenfalls Ibuprofen und Voltaren ausgegeben. Aber vor Journalisten bläst sie die Backen auf und spinnt sich Einsätze wie in der Schlacht um Verdun herbei. Einmal im Leben Held und/oder Heldin sein.

Lützerath, dieser zum Symbol der endgültigen Klimaapokalypse hochgejazzte Weiler, stellt sich im Nachhinein als veritabler Erwachsenenspielplatz und Kulisse für selbstverliebte Selfies der Generation Instagram heraus. Und letztendlich als Bühne für Selbstdarsteller ohne festes Einkommen, die einmal ins Fernsehen kommen möchten.

(Weitere preisverdächtige Geschichten des Autors unter www.politticker.de)

Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

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Klaus Kelle, Chefredakteur