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Buffet, Munger, Grupp & Co.

Macht ist nicht nur sexy, sondern Lebenselixier: Warum wir alte weiße Männer brauchen

Esther von Krosigk
Vektor: depositphotos/dima4to | Investor und Ökonom Warren Buffett prognostiziert, dass die Aktienkurse weiter steigen werden.

Der Erfahrungsschatz von Wirtschaftstycoon Warren Buffet und seinem Business-Buddy Charles „Charlie“ Munger reichte bis ins Jahr 1831 zurück. Anhand dieser Zeitspanne bis zurück in die Biedermeier-Ära lässt sich nachvollziehen, wie immens hoch die Zahl an Lebensjahren war, mit denen die beiden legendären US-Investoren den Mischkonzern Berkshire Hathaway Inc. lenkten: Zusammen waren sie knapp 200 Jahre alt. Charlie Munger starb jüngst mit 99 Jahren und agierte bis zuletzt als stellvertretender Vorsitzende des Unternehmens – zudem war er im Vorstand des Zeitungsverlegers Daily Journal Corp. und des Einzelhändlers Costco.

Warren Buffet, 93, steht nach wie vor an der Spitze von Berkshire, dessen Unternehmensphilosophie er gemeinsam mit Freund Charlie in über sechzig Jahren entwickelte: Sie setzten auf langfristige Investitionen in Unternehmen. Unter ihrer Leitung verzeichnete Berkshire von 1965 bis 2022 einen durchschnittlichen jährlichen Gewinn von 20 Prozent – etwa doppelt so viel wie der S&P 500 Index. Die Firma wurde als größte Zinseszinsmaschine der Welt bekannt und machte die beiden zu Milliardären – und zu Volkshelden für Anleger, die ihre Leistung bewunderten.

Nadelstreifen-Anzug und Lederschuhe statt Sneakers und Hoodie

Ein amerikanischer Traum? In dieser Dimension sicherlich, doch auch Deutschland galt lange Zeit als Wirtschaftswunderland. Mit Gründern und Firmenlenkern, die selbst im fortgeschrittenen Alter die Geschicke ihres Konzerns bestimmten und dies nach wie vor auch noch tun. Und zwar auf die klassische Art: Im Nadelstreifen-Anzug, mit hochwertigen Lederschuhen und Krawatte.

Zu ihnen gehört etwa Klaus-Michael Kühne, Mehrheitseigentümer des bekannten Logistikdienstleisters Kühne + Nagel, der schätzungsweise 40 Milliarden Dollar schwer ist und laut Forbes zu den 30 reichsten Menschen auf dem Globus zählt. Ende der 1950er-Jahre trat der heute 86-Jährige in das Familienunternehmen ein, das einst von seinem Großvater gegründet wurde. Seit 2011 ist er Ehrenvorsitzender der Kühne + Nagel International AG und arbeitet nach wie vor wie besessen. Kühnes neuestes Vorhaben: Er erwägt in seiner Geburtsstadt Hamburg die Übernahme des Hochhausprojekts Elbtower, die derzeit größte Baustelle des kriselnden Handels- und Immobilienimperiums Signa.

Es bleibt die drängende Frage: Wer folgt den großen „Business-Leadern“?

Ein weiteres Beispiel für eisern durchgehaltenes Unternehmertum ist Wolfgang Grupp, der 54 Jahre lang den schwäbischen Textilhersteller Trigema leitete und erst vor wenigen Wochen seinen Rückzug aus der Firma verkündete. Kaum ein deutscher Unternehmer ist so bekannt wie der 81-jährige Patriarch alten Schlags, der seine Ware nach wie vor in Deutschland produzieren lässt und weder einen eigenen Computer besitzt noch sich Geld bei der Bank ausleiht. Wer von seinen Kindern, die beide seit Jahren bei Trigema arbeiten, die Firma übernehmen wird oder ob eine Doppelspitze vorgesehen ist, bliebt offen.

Und doch müssen sich Männer wie Grupp & Co., die in ihrer Funktion unersetzbar erscheinen, irgendwann die Fragen aller Fragen stellen: Wer kommt nach ihnen? Denn letztlich steht das Unternehmen im Mittelpunkt und wie es damit bei einem Generationswechsel weitergeht. Das sei Teil der unternehmerischen Verantwortung, meint die Unternehmensberaterin Katharina Jantzen, denn in der Regel sind zahlreiche andere Menschen, Mitarbeiter und deren Familien, involviert. Jantzen berät Firmen-Leader bezüglich Unternehmensnachfolge, sie sagt: „Wenn man eine Firma aufbaut, denkt man an deren Zukunft und Weiterentwicklung, aber erstmal nicht ans Ende. Aber das ist nun mal die Realität und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, dass es mit dem Unternehmen weitergeht, sind immens wichtig – daher muss ein Warren Buffet oder Wolfgang Grupp sich irgendwann mit der eigenen Endlichkeit beschäftigen.“

Großer Erfolg ist die Vitaminspritze, die am Leben hält

Doch allzu häufig wird das Unternehmen wie das eigene Kind betrachtet, das man nicht loslassen will. Und das niemand anders so gut kennt und zu führen weiß, wie der Eigentümer selbst. Bis weit über das gesetzliche Rentenalter hinaus ist dieser bereit, alles zu geben. Deutschlands Senioren-Chefs sind vor allem eines: fleißig. Für ihr Unternehmen sind sie beständig im Einsatz, oft bis zu 60 Stunden pro Woche. Aber vielleicht wirkt der Erfolg auch wie eine Vitaminspritze, die am Leben hält. Im Fall von Warren Buffet und Charlie Munger scheint sich diese Rezeptur gleich doppelt bewährt zu haben.

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Klaus Kelle, Chefredakteur