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Hat Nikki Haley noch eine Chance?

Super Tuesday in USA: Trump klar vorn – aber unterschätzen Sie die „Never Trumper“ nicht

DR. STEFAN GEHROLD (USA)
Führt das Feld der republikanischen Präsidentschaftsbewerber klar an: Ex-Präsident Donald Trump

“Es ist ein großer Abend. Die Welt der Politik hat selten etwas Vergleichbares gesehen“.

Donald Trump sonnte sich in seinem Erfolg.

Am sogenannten Super Tuesday finden in 15 Bundesstaaten Vorwahlen zur Nominierung der Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen statt. Mit wenigen Ausnahmen waren gestern in den meisten Bundesstaaten nur demokratische und republikanische Wähler zur Wahl aufgerufen. Aber wie funktioniert das eigentlich? Bei der Anmeldung im Einwohnermeldeamt kann jeder amerikanische Bürger eine Parteipräferenz angeben. Er erhält dann eine Wahlbenachrichtigung, die es ihm ermöglicht, an den Vorwahlen der von ihm angegebenen Partei teilzunehmen. Bei den Vorwahlen ist es dann im Grundsatz wie bei den eigentlichen Präsidentschaftswahlen: The winner takes it all! Jeweils nach der Größe des Staates erhält der Bundesstaat Stimmen (bei den Wahlen im Herbst sog. Wahlmänner), die sämtlich dem jeweiligen Sieger gutgeschrieben werden. Die 3 größten Bundesstaaten sind – in dieser Reihenfolge: Kalifornien, Texas und Florida.

Am gestrigen Super Tuesday wurde in 15 Bundesstaaten gewählt; unter anderem in Texas und Kalifornien. Der Super Tuesday ist daher bedeutend. Gegen Mitternacht war klar, dass Donald Trump mindestens 11 dieser Bundesstaaten klar gegen seine Herausforderin Nikki Haley gewonnen hatte. Am deutlichsten war die Niederlage der ehemaligen Gouverneurin in Alabama, wo sie nur 13% erhielt. Immerhin gewann sie mit 50 zu 46% in Vermont. Dies erhält die Hoffnung. Dennoch: Der Ex-Präsident hat jetzt bereits 551 von 1215 erforderlichen Stimmen, die ihm die Nominierung sichern. Das sind fast 10mal so viele, wie seine Herausforderin aus South Carolina.

Oberster Gerichtshof ebnet den Weg für die Teilnahme Trumps in Colorado

Mit besonderer Spannung war die Abstimmung in Colorado erwartet worden. In dem demokratisch regierten Staat hatte der Staatsgerichtshof im September beschieden, dass der deutschstämmige Trump von den Wahlen für die Präsidentschaft auszuschließen ist. Absatz 3 des 14. Verfassungszusatzes wäre einschlägig. Trumps Weigerung, die Regierung nach den Wahlen im Jahr 2020 an den Wahlsieger Joe Biden zu übergeben, wäre als Rebellion zu werten. Trumps Anwälte hatten Revision beim Obersten Gerichtshof eingelegt. Dieser entschied am 4. März, vor 3 Tagen, und … hob das Urteil aus Colorado auf. Wohl zu Recht urteilte der Supreme Court, dass ein Staatsgerichtshof kein Urteil über die Zulassung zu einem Bundesamt zu fällen hätte. Dies wäre Bundesgerichten vorbehalten. Colorado, genauer die republikanischen Vorwahlen dort, ging dann mit 63 zu 33% klar an den New Yorker.

Wo ist Nikki Haley?

Warum tut sich Nikki Haley das eigentlich noch an, fragte vor kurzem eine deutsche Tageszeitung. Der Siegeszug Donald Trumps ist doch gar nicht aufzuhalten. Die ehemalige UN-Botschafterin wird gelegentlich vom ehemaligen Präsidenten als „Spatzenhirn“ bezeichnet. Außerdem ist das Unterfangen extrem kostspielig. Bis Ende des vergangenen Monats kostete die Haley-Kampagne bereits 55 Millionen Dollar. Das Forbes Magazin hatte bereits vor einiger Zeit die 16 Milliardäre aufgelistet, die Nikki Haleys Wahlkampf finanzierten.

Was also treibt Nikki Haley? Nach Meinung vieler Beobachter will sie noch im Rennen bleiben. Es könnte nämlich der Fall eintreten, dass der Unternehmer aus New York doch noch von irgendeinem Gericht rechtskräftig verurteilt wird; zu einer Gefängnisstrafe oder zu einer Geldstrafe, die so astronomisch bemessen wird, dass selbst der Milliardär Trump sie nicht begleichen kann. Das könnte dann die Stunde der Tochter indischer Einwanderer sein. Sie selbst äußerte sich am Dienstagabend gar nicht und war auch nicht erreichbar.

Biden ohne Konkurrenz

Bei den Demokraten gab es keine Überraschungen: Präsident Joe Biden marschierte am Super Tuesday locker durch. In keiner der Vorwahlen erreichte auch nur einer seiner Konkurrenten 10% der Stimmen. Die Kritik an dem eher überschaubaren Erfolg seiner Administration und seinen greisenhaft wirkenden Auftritten scheint zumindest in den eigenen Reihen nicht zu verfangen.

6 Staaten entscheiden über das Präsidentenamt.

In den meisten Bundesstaaten gibt es eine klare Mehrheit zugunsten einer der Parteien. Der Wahlkampf wird sich daher auf die 6 sog. Swing States konzentrieren; auf Staaten also, die von jeder der beiden Parteien gewonnen werden könnten: Wisconsin, Arizona, Georgia, Michigan, North Carolina und Pennsylvania. Am Super Tuesday Abend wurde dann auf den Nachrichtensendern vom republikanischen Fox bis zum demokratischen CNN sinniert, ob Donald Trump im Herbst eine Chance gegen den Amtsinhaber hat. Immer wieder wurde von republikanischen Trump-Gegnern (den sog. Never-Trumpern) ins Feld geführt, dieser hätte gegen Biden keine Chance. Es bedürfte eines aussichtsreicheren Herausforderers. Befeuert wurde diese Theorie noch wenige Stunden zuvor durch den Milliardär Mark Cuban aus Dallas. „Ich wähle Nikki Haley. Wenn Trump der Kandidat der Republikaner wird, bekommt Joe Biden meine Stimme, auch wenn er mit der letzten Ölung versehen wurde.“ Cuban wurde der deutschen Öffentlichkeit als Eigentümer der Dallas Mavericks bekannt. Er war der langjährige Chef und Mentor des besten deutschen Basketballers aller Zeiten, Dirk Nowitzki.

Reichen die Stimmen der Never-Trumper, um eine weitere Präsidentschaft zu verhindern? Klar ist, dass den Herausforderer knapp 60% der klassischen weißen Amerikaner unterstützen. Die Minderheiten werden vermutlich den Ausschlag geben. Und hier holt der Republikaner im Vergleich zu 2020 deutlich auf. Bei den Latinos und den Asiaten liegt nach Umfragen mittlerweile Trump mit etwa 5 Prozentpunkten vor Biden. In beiden Gruppierungen hatte Joe Biden 2020 noch deutlich gewonnen. Auch bei den Afro-Amerikanern schmilzt der Vorsprung. Umfragen sehen mittlerweile Donald Trump hier bei über 20%. Die einzige Wählergruppe, bei der der ehemalige Präsident unverändert chancenlos ist, sind schwarze Frauen.

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Klaus Kelle, Chefredakteur