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Die Kirche ist viel mehr als Klima und Gendern

Vor dem Katholikentag in Erfurt: Was ist eigentlich katholisch?

MARTIN EBERTS
Katholischer Gottesdienst

Vom 29. Mai bis 2. Juni findet in Erfurt der 103. Katholikentag statt. Studiert man das umfangreiche Programm und die lange Teilnehmerliste, dann drängt sich der Eindruck auf, in diesem Groß-Event spiegele sich einfach das politische Deutschland unserer Zeit, vom Klima über den Kampf gegen Rechts bis zu Gender (alles natürlich in „ge-genderter“ Sprache). Da steht viel politischer Mainstream auf der Tagesordnung, rundum eingerahmt von religiösen Formen. Wie ein knallbuntes Werbe-Poster in einem prächtigen alten Rahmen, der dazu nicht recht passen will…

Aber hüten wir uns vor vorschnellen Urteilen; noch hat er ja gar nicht angefangen, der Katholikentag. Warten wir ab, wie viel „katholisch“ tatsächlich darin steckt. Inzwischen schauen wir uns selbst einmal um: „wie geht katholisch heute“, wenn keine politische Aufsicht Regie führt?

Ein paar ganz subjektive Beispiele, aus erlebter Anschauung, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

Ein Priester feiert sein 50. Weihejubiläum. Das ist so etwas wie eine goldene Hochzeit, fast noch ein wenig eindrucksvoller, wo doch ein zölibatär lebender Priester ganz allein durch so ein halbes Jahrhundert gehen muss. Da wird er wohl oft einsam gewesen sein, oder? Doch von Einsamkeit oder Tristesse ist da nichts zu spüren. Er fühlt sich gewissermaßen der Kirche vermählt und hat ihr sein ganzes Leben und seine Talente gewidmet. Ich ertappe mich dabei, dass ich mir diesen frohgemuten alten Priester in seiner Kirche vorstellte, wo er – wie Don Camillo in den legendären Filmen – mit Jesus am Hochaltar von Du zu Du spricht… Mich beeindruckt seine fast kindliche Freude, mit der er darüber redet, wie er trotz schwerer Krankheiten und vieler Widrigkeiten sich immer getragen und nie allein gefühlt habe. Im Alter hat er dann noch angefangen Bücher zu schreiben, lebensfrohe, engagierte, die anderen helfen wollen.  Ein solches Leben kann man wohl nur mit einer besonderen Gnade leben.

Eine andere Begegnung

In einer deutschen Auslandsgemeinde in einem Land in Asien, in dem die Kirche nur eine winzige Minderheit ist, wird Erstkommunion gefeiert. Unter den Konzelebranten ist ein Priester aus China, schon recht betagt, aber aufrecht und lebhaft, mit einer freundlichen und optimistischen Ausstrahlung. Er ist nur zu Besuch hier, hat aber die Einladung des deutschen Pfarrers gern angenommen und gibt den Erstkommunionkindern auch seinen Segen. Bei der anschließenden kleinen Feier kann er nur kurz bleiben. Erst später erfahre ich mehr über diesen Priester.

Er stammt aus einer kinderreichen Familie in China; mehrere seiner Brüder und Schwestern sind Priester bzw. Ordensleute. Sie alle haben unter dem Terror der Kommunisten gelitten und Furchtbares erlebt. Sie blieben aber ihrem Glauben treu und wussten, wofür sie ihr Leben einsetzten, bis zum Schluss. Er selbst hat 27 Jahre seines Lebens für seinen Glauben im Gefängnis gesessen. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich einen echten Bekenner, einen Confessor wie aus der Zeit der ersten Christenverfolgungen, getroffen habe. Wie er in seinem Glauben ruhte, welchen Frieden und welche Freundlichkeit er ausstrahlte, nach all dem Erlittenen! Auch das kann man wohl nur mit einer besonderen Gnade.

Ein drittes Erlebnis

Zwei junge Männer schließen sich einer Wallfahrt nach Lourdes an, die von einer katholischen Ordensgemeinschaft organisiert wird. Es geht um eine Gruppe von Behinderten, die alle ganztägige Betreuung brauchen. Nur wenige Pfleger sind dabei, und die Hauptlast der Betreuungsarbeit wird von jungen Freiwilligen geleistet. Die beiden jungen Männer bekommen jeweils einen Kranken zugeteilt. Sie helfen „ihrem“ Kranken bei allem: beim Aufstehen und Waschen, beim Essen und in der Kirche, und abends singen oder lesen sie mit ihnen und bringen sie ins Bett. Ohne die jungen Betreuer – die übrigens so etwas noch nie zuvor gemacht haben – könnte keiner der Kranken an der Wallfahrt teilnehmen. Am Ende ziehen sie gemeinsam mit der Prozession zur Lourdes-Grotte und beten miteinander. Die Schicksale der Kranken sind oft schwer, es tut weh sie erzählen zu hören. Aber diese Tage der Wallfahrt sind erfüllt mit einem ganz außergewöhnlichen Optimismus, mit Freude und – mit Dankbarkeit. Zweifellos eine besondere Gnade…

Ja, es ist viel los in der katholischen Kirche – bei großen Weltjugendtagen und bei kleinen Familien-Wallfahrten, in winzigen Diasporagemeinden und bei Hochämtern in herrlichen Kathedralen, in unzähligen Gemeinden auf der ganzen Welt, in „Wachstumsregionen“ der Kirche in Afrika und Asien, und sogar in den saturierten, etwas überreizten Gesellschaften im „Westen“. Und – nur am Rande sei es erwähnt – es hat wohl noch nie eine Zeit mit so vielen Bekennern und Märtyrern gegeben, denn in vielen Ländern werden Katholiken und überhaupt alle Christen verfolgt und bedrängt, in größerer Zahl denn je.

Ja, das Katholische ist so lebendig wie eh und je. Und wenn es genug Katholiken auf dem Katholikentag gibt, die das bezeugen, dann wird es sicher ein Erfolg, ob mit oder ohne Politprominenz und Medienrummel.

 

 

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Klaus Kelle, Chefredakteur