Warum Armin Laschet unter Annalena Baerbock Vizekanzler wird
von CHRISTIAN KOTT
BERLIN – Nein, ich habe weder Lack gesoffen noch Klebstoff geschnüffelt, wenn ich behaupte, dass die Grünen mit der Nominierung Annalena Baerbocks zur Kanzlerkandidatin nicht weniger getan haben, als die Bundestagswahl gewonnen. Und das fünf Monate bevor sie stattfindet.
Während sich die zahlreichen Gegner grüner Ideologie zu früh freuen, wenn sie lustige Videos aus den schönsten Versprechern der vermeintlich bräsigen Annalena zusammenschneiden und sich über Kobolde und stromspeichern im Netz auf die Schenkel klopfen, übersehen diese Hobbystrategen zwei Dinge: Erstens den Wähler und zweitens das Prinzip von Angebot und Nachfrage.
Fangen wir mit dem Wähler an. Und jetzt habe ich eine verdammt schlechte Nachricht für diejenigen in CDU, AfD und FDP, die glauben, Baerbock sei leicht zu schlagen, nur weil sie nicht die hellste Kerze am Baum zu sein scheint: Das ist der grünen Zielgruppe nämlich herzlich egal! Grüne Klientel ist nicht mehr so wie zu Zeiten Joschka Fischers, sie besteht aus fast schon dekadent krisensicher bezahlten Staatsbediensteten, vor allem Lehrern, aus Journalisten, aber auch aus hysterisierten Jugendlichen, denen man wie mit einer doomsday-Sekte den bevorstehenden Weltuntergang plausibel gemacht hat. Hinzu kommen „Aktivisten“ für alle möglichen vollständig realitätsfernen Randthemen, Salonlinke mit dickem Portemonnaie und ZDF-Zuschauer. Alles Menschen, denen nur lächerliche 30 Jahre nach der DDR schon wieder entfallen ist, dass Sozialismus nicht funktioniert. Alle diese können dennoch sagen: „Annalena ist eine von uns!“. Merken Sie was? Das sind ganz schön viele!
Und denen ist es doch egal, ob Baerbock kompetent ist, ob sie die Steuern erhöhen wird, ob sie der deutschen Wirtschaft den Gnadenstoß gibt oder ob sie herüberkommt wie die Betreiberin eines Zeitungskiosk. Hauptsache, sie ist eine Frau und wirkt sympathisch. Vermutlich wird man mir nach diesem Satz übelsten Sexismus vorwerfen, aber sei’s drum…
Das Prinzip von Angebot und Nachfrage wird diesen Effekt sogar noch verstärken.
Die Grünen haben nämlich jetzt fünf Monate völlig widerstandslos Zeit, in den Teichen der anderen linken Parteien zu fischen. Die SPD gibt mit ihrem Spitzenkandidaten Scholz, Abkehr von der Sozialdemokratie und dem Parteichefduo, dessen Namen man erstmal googlen muss, ihren Wählern freiwillig zu verstehen, dass sie diesmal bitte gleich Grün wählen sollen. Mit ernsthaftem Widerstand ist nicht zu rechnen. Die Linkspartei ist tief zerstritten und hat nur Kandidaten anzubieten, die noch weniger drauf haben als Baerbock, aber nicht einmal sympathisch lächeln können. Ausnahme ist Sahra Wagenknecht, aber die ist mittlerweile so gut, dass viele ihrer Genossen sie völlig zurecht in der falschen Partei wähnen.
Bleiben noch die Parteien, die von sich behaupten, nicht links zu sein, sich aber weigern, eine Alternative zum grünen Klima-Hype und dem Wohlfühl-Image der Party-Partei anzubieten. Union und FDP sind so intensiv damit beschäftigt, jetzt schon die Koalitionsgespräche mit den Grünen zu harmonisieren, dass jedes Widerwort heruntergeschluckt wird. Solche Widerworte gäbe es zwar genug, zum Beispiel Freiheit, Wohlstand, Nachhaltigkeit, Generationengerechtigkeit, Sicherheit innen wie außen, Vernunft, Individualität, Verlässlichkeit, Chancengleichheit, Bildung oder Seriosität. Aber all das haben CDU und FDP längst geopfert um mit dem Gegenteil davon, nämlich den Grünen, die Beute teilen zu dürfen. Derjenige Wähler, für den die obigen Attribute wahlentscheidend sind, wen soll der denn wählen? CDU oder FDP jedenfalls ganz sicher nicht mehr, denn wer Parteien wählen würde, die bei den irrationalen, grünen Spinnereien mitmachen, der kann ja auch gleich das Original wählen oder bleibt am Wahltag zu Hause.
Bleibt die AfD, aber die spielt bei der Bewertung grüner Chancen nun einmal keine Rolle, denn wer auch nur erwägt, Grün zu wählen, für den ist eine Partei wie die AfD eben keine Alternative.
Allein schon deshalb, weil niemand ein ernsthaftes, plausibles und auch deutlich herausgestelltes Gegenangebot anbietet, die grüne Heuchelei und das Pharisäertum anprangert und eine wünschenswerte Vision anbietet, wie Deutschland und Europa in zehn Jahren aussehen sollten, haben die Grünen damit mehr Chancen als die derzeitigen Umfragewerte es vermuten lassen.
Das alles wäre übrigens mit Markus Söder von der CSU nicht ein bisschen anders gewesen, also lasst es nicht an dem armen Armin Laschet aus, der wenigstens ehrlich ist, wenn er sich zwischen den Zeilen jetzt schon darauf freut, der erste Vizekanzler unter Kanzlerin Baerbock zu sein.
Und wir allein gelassene Bürgerliche? Ich habe mich ja lange gegen den Gedanken gewehrt, aber man muss auch sehen, wenn man verloren hat. So schlimm ist das nicht, und ehrlich gesagt finde ich vier Jahre Grün weniger schlimm als eine weitere Legislatur merkelhaften Stillstands, den man mit Laschet bekäme. Wir haben schon einmal ein Land in kürzester Zeit aus Trümmern wieder aufgebaut, also sehen wir uns alle in vier Jahren und fünf Monaten wieder, um dann die Spuren grünen Irrsinns wieder aufzuräumen.
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