Cancel Culture in Kultur und Sport: Toleranz ist nicht jedermanns Sache
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser!
Nach den wirklich teils atemberaubenden Ereignissen der vergangenen 48 Stunden in Washington DC, zurück nach Deutschland, wo es genug zu tun und zu berichten gibt.
Und berichten, das bedeutet bei uns nicht nur politisch zu berichten, wie Sie wissen. Es gibt auch journalistisch ein Leben abseits von möglichen Koalitionen nach der Bundestagswahl, abseits von Ukraine-Krieg, Robert Habeck und was uns sonst noch so aufregt Tag für Tag.
Als Leser unserer Medien wissen Sie, dass wir uns auch für das Leben der ganz normalen Menschen in Deutschland interessieren, darum, ob sie mit ihrem Gehalt den Lebensalltag bestreiten können, ob Züge pünktlich abfahren, wer als nächster Bundesliga-Trainer gefeuert wird oder gerade seine Deutschland-Tournee als Schlagersängerin beginnt. All das, was den Lebensalltag der Menschen beeinflusst, ist Thema für eine Tageszeitung oder ein Magazin.
Für eines unserer Medien arbeite ich seit ein paar Tagen an einer Geschichte über Jazzmusik und die Jazzkultur in Deutschland. Ein „Kulturstück“, wie wir Medienmenschen das nennen.
Und dabei wollte ich meinen Lieblings-Jazzclub in Deutschland vorstellen, in den ich seit 35 Jahren immer mal wieder gern mit Freunden auf ein Bier gehe. Der Club, Sie ahnen ist, ist in Berlin. Hier spielten schon Maceo Parker, Chaka Khan, Prince und Helge Schneider. Ein echtes Juwel für Musikfreunde in der Hauptstadt.
Ich also eine ganz normale, alltägliche Anfrage nach 2 Pressekarten abgeschickt und nicht mehr groß darüber nachgedacht, weil so etwas seit über 40 Jahren Alltag für mich ist. Aber dieses Mal war die Antwort überraschend:
„Das XXXXXXXXXXXX ist ein diverser, weltoffenerer Ort.
Bei uns arbeiten etliche Personen gegen die sie in ihren Veröffentlichungen wettern.
Ob als Mitarbeiter*innen oder als Künstler*innen auf der Bühne. „Wokistan pur“ oder aus dem „erkennbar islamischen Kulturkreis“ wie sie es nennen würden…
Alles Dinge wogegen Sie sich mit ihrer journalistischen Arbeit im rechtskonservativen Spektrum stellen und abarbeiten.“
Und deshalb, leider, leider gibt’s keine Karten. Ich werde das verschmerzen.
Willkommen im Club, Herr Kelle!
So wird jetzt mancher von Ihnen denken, der diese Form von Diskriminierung schon lange und intensiver kennt. Ich akzeptiere das, aber finde es erstaunlich. Eine bekannte konservative Publizistin hat das mal schön formuliert: „Noch nie bin ich so beleidigt worden als von denen, die mich anbrüllen, ich solle endlich mal toleranter sein!“
Treffer, versenkt!
Meine Antwort an den Jazzclub war übrigens kurz: Ich akzeptiere deren Entscheidung, finde den Laden immer noch gut, fühle mich als Katholik allerdings diskriminiert, für meinen Glauben an Ehe und Familie bei ihnen ausgeschlossen zu werden…
Das Deutsche Museum in München hat sich gerade nicht entblödet, eine Installation mit einem Foto von Tesla-Chef und Trump-Berater Elon Musk abzuhängen. Der hing da als ein Visionär und eine wichtige Persönlichkeit der Raumfahrtgeschichte, was er nun zweifellos ist. Wenn man aber politisch konservativ ist, dann zählt das nicht. Da wird wie in Orwells berühmtem Roman „1984“ ein Mensch auch mal aus der Geschichte einfach ausgelöscht. Zum Beispiel, weil er ein Interview mit Alice Weidel von der AfD geführt hat. Stellen Sie sich das bloß mal vor!
Genauso banal ist übrigens die Aktion einiger Fußballclubs, Hochschulen und evangelischer Kirchengemeinden, die ihre Konten bei X (Twitter) gelöscht haben: SC Freiburg, Werder Bremen, St. Pauli aber auch Fußball-Giganten wie Magdeburg und Bielefeld sind raus bei X. Ich weiß nicht, ob Elon Musk angesichts dieser Nachrichten aus Deutschland nachts überhaupt noch schlafen kann.
Vorhin habe ich gelesen, dass Elon Musk wohl gerade überlegt, den britischen FC Liverpool zu kaufen. Allein das zeigt die ganze Lächerlichkeit dieser deutschen Fußballvereine, die in der Weltpolik “ ein Zeichen setzen“ wollen. Sie wissen, dass ich seit 51 Jahren leidenschaftlicher Anhänger von Arminia Bielefeld bin.
Ich würde begrüßen, wenn sich das Management unseres Clubs damit beschäftigt, nach Wochen wieder einmal ein Spiel zu gewinnen, statt über Elon Musk nachzudenken. Soweit ich weiß, haben Fußballclubs in Deutschland kein politisches Mandat…
Mit herzlichen Grüßen,
Ihr Klaus Kelle
Neueste Früher Vogel
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Klaus Kelle, Chefredakteur