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Ein Versuch, den Westen auf seine Stärken zu besinnen“

Davos ohne die Phrasen: ARC ist das Weltwirtschaftsforum mit Rückgrat

Tillman Rüther
4000 Teilnehmer im Plenum des ExCel-Centers in London.

Davos ohne die Phrasen – das ist ARC. Keine weichgespülten Statements, kein PR-Sprech, sondern Klartext. Während die großen Kongresse der globalen Eliten meist um sich selbst kreisen, geht es hier um Grundsatzfragen: Was macht den Westen aus? Welche Prinzipien haben ihn stark gemacht? Und wie können sie bewahrt werden?

ARC (Alliance for Responsible Citizenship) ist eine neue, ambitionierte Konferenz, die sich dem Erhalt westlicher Werte widmet. Rund 4.000 Teilnehmer sind dieses Jahr in London dabei – 1.000 aus den USA, 1.000 aus Europa, dazu Vertreter aus Afrika, Lateinamerika und Asien. Die riesigen Hallen, in denen die Veranstaltungen stattfinden, beeindrucken mit ihrer Weitläufigkeit. Doch trotz der Größe herrscht keine Anonymität. Die Menschen begegnen sich mit einer Höflichkeit und Ernsthaftigkeit, die man auf vielen anderen Konferenzen vergeblich sucht. Hier geht es nicht um bloßes Netzwerken, sondern um inhaltlichen Austausch.

Ich lasse mich durch die Bücherstände treiben, blättere in verschiedenen Titeln, bis mir eine illustrierte Ausgabe von Schneewittchen auffällt – herausgegeben von Jonathan Pageau. Das Buch selbst ist aufwendig gearbeitet, mit feinen Illustrationen, die fast ikonografischen Charakter haben. Als ich aufblicke, steht Pageau plötzlich neben mir. Ich erkenne ihn sofort.

Später habe ich Gelegenheit, mit ihm zu sprechen. Er gehört zum Board von ARC und spielt eine zentrale Rolle im Konzept der Konferenz. Er erklärt mir, warum ARC bewusst auf ein Ablaufdatum gesetzt ist – nach 15 Jahren soll Schluss sein. „Wir wollen kein selbstreferenzielles Gebilde werden, das nur um sich selbst kreist“, sagt er. Der Gedanke ist ungewöhnlich, aber einleuchtend: Institutionen haben die Tendenz, sich selbst zu erhalten, anstatt ihrem eigentlichen Zweck zu dienen.

Auf meine Frage, welche Gefahren er für die Zukunft sieht, wird er nachdenklich. „Elon Musk reißt gerade heilsamerweise alles ein, was korrupt ist“, sagt er schließlich. „Aber das reicht nicht. Die Gefahr ist, dass auf die Trümmer nichts Solides folgt.“ Er hält inne. „Deshalb braucht es ein Gegenmodell. Etwas, das Bestand hat.“ Durch weitblickende Statements wie diese fühle ich mich am richtigen Ort. Hier wird nicht nur reaktionär ausgeteilt, sondern Gesellschaft intellektuell durchdrungen und durchdacht.

Am Abend nach einer Veranstaltung im „Australien-Saal“ sehe ich Jordan Peterson. Er ist, wenig überraschend, von einer Menschentraube umringt. Doch seine Frau Tammy bemerkt mich und ermöglicht mir, kurz mit ihm zu sprechen. „ARC ist ein Versuch, den Westen wieder auf seine Stärken zu besinnen“, sagt er. Es geht nicht nur darum, auf Bedrohungen zu reagieren, sondern eine positive Vision zu formulieren. Die Verteidigung von Familie, Verantwortung und Kultur ist für ihn keine nostalgische Idee, sondern eine Notwendigkeit.

Mit Dave Rubin spreche ich über Deutschland, während wir am Stehtisch unseren Lunch einnehmen. Er verfolgt die Entwicklungen aufmerksam. „Ihr seid an einem Wendepunkt“, sagt er. „Was hier passiert, strahlt auf ganz Europa aus.“ Er sieht eine Gesellschaft, die sich zunehmend auf den Staat verlässt, anstatt auf eigene Strukturen. Sein Interesse an ARC speist sich aus der Überzeugung, dass es hier nicht nur um Ablehnung geht, sondern um den Aufbau neuer, tragfähiger Prinzipien.

Dann kommen wir auf seinen eigenen politischen Wandel zu sprechen. Er war einst links, nicht nur moderat, sondern ein überzeugter Progressiver. Doch mit der Zeit erkannte er, wie moralisch bankrott die intellektuelle Linke ist. „Sie haben keine echten Prinzipien“, sagt er. „Es geht immer nur um Macht, nicht um Wahrheit.“ Der Bruch war kein plötzlicher Moment, sondern ein schleichender Prozess. Heute sieht er sich als klassisch liberal – mit dem Bewusstsein, dass Freiheit aktiv verteidigt werden muss.

Zwischendurch greife ich zum Handy und scrolle durch die Nachrichten. Der Guardian steckt ARC erwartungsgemäß in die „alt-right“-Schublade. Ein Reflex, der kaum überraschen kann. Wer sich außerhalb der etablierten Narrative bewegt, wird schnell zum Feindbild. Doch ein Blick in die Hallen zeigt ein anderes Bild: Hier sprechen keine Fanatiker, sondern Menschen mit echten Fragen und Überzeugungen.

ARC ist ein Experiment. Ob es sich bewährt, bleibt abzuwarten. Aber es ist ein seltenes Zeichen von Ernsthaftigkeit in einer Zeit, in der politische Debatten oft nur aus Schlagwörtern bestehen. Hier wird nicht nur gesprochen, sondern nach Wegen gesucht. Und allein das unterscheidet ARC von vielem, was sonst als „Diskurs“ verkauft wird. Ich werde nächstes Jahr wiederkommen.

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Klaus Kelle, Chefredakteur