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Demokratie und Fairness: In Frankreich nicht besser als bei uns

Liebe Leserinnen und Leser,

das einzige Fernsehduell in der aktuellen französischen Präsidentschaftskampagne zwischen Amtsinhaber Emmanuel Macron und seiner Herausforderin Marine Le Pen ist vorbei. Es blieb dieses Mal bemerkenswert fair im Umgang – von kleinen Nickligkeiten abgesehen – und war für einen deutschen Beobachter besonders interessant, als es um den Umgang von Regierungen mit Oppositionsparteien von der rechten Seite ging. Das ist ein Thema, über das wir auch in Deutschland oft berichtet haben, wie man der ungebliebten AfD im Bundestag den ihr zustehenden Sitz im Präsidium beharrlich verweigert, ihr zustehende Ausschussvorsitze vorenthält, ihrer Stiftung staatliche Zuschüsse für die Bildungsarbeit einfach nicht zahlt, der Partei Veranstaltungssäle verweigert und so weiter. Also nach meiner Vorstellung funktioniert Demokratie anders.

Gestern Abend habe ich gelernt, dass es in Frankreich solches Vorgehen „gegen rechts“ auch gibt.

»Wenn Sie von Russland sprechen, dann sprechen Sie von Ihrem Geldgeber«, schenkte Macron seiner Kontrahendin rhetorisch richtig einen ein, als es um das Verhältnis Putin/Le Pen ging. Wie das tatsächlich ist, wissen wir natürlich nicht. Aber der Präsident spielte mit seiner Bemerkung auf einen Millionenkredit an, den Le Pens frühere Partei Front National (FN) im Jahr 2014 von einer tschechisch-russischen Bank aufgenommen hatte. Die Herausforderin griff das auf und nutzte die Gelegenheit, vor einem Millionenpublikum klarzustellen, dass damals keine französische Bank bereit gewesen sei, ihrer Partei für den Wahlkampf einen Kredit zu gewähren. Nicht eine einzige. Weil: Rechten gibt man kein Geld. Die sind ja böse.

»Finden Sie das nicht skandalös?«, fragte Le Pen und weiter: »Ich bin eine absolut und total freie Frau.« Daran hatte in dem Moment niemand einen Zweifel. Doch dann ging es noch weiter. Le Pen warf Macron persönlich vor, ihre Partei 2015 als Minister daran gehindert zu haben, Kredite in Frankreich zu erhalten. Macron erwiderte, niemand habe damals interveniert. Zudem sei er Wirtschaftsminister gewesen, Banken hätten nicht zu seinem Aufgabengebiet gehört. Doch das ist natürlich Unsinn, denn ein wichtiger Regierungspolitiker – Frankreichs Wirtschaftsminister – kann anrufen, wen er will, auch wenn er nicht zuständig wäre, und Dinge bewegen oder verhindern.

Alte Parteifreunde, frühere Buddys von einer Eliteschule, oder allein am Telefon „Guten Morgen, Macron hier…“ – da steht mancher schnell auf und salutiert automatisch.

Diese kleine Ausschnitt aus der Debatte gestern zeigt vor allem eins: Auch in unserem Nachbarland nimmt man es mit Demokratie und politischem Wettstreit nicht ernster als hier bei uns in Deutschland. Es geht nicht um die besten Konzepte für die Zukunft, es geht um Macht und darum, politische Gegner zu behindern oder wenn möglich komplett auszuschalten.

Mit besten Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Klaus Kelle, Chefredakteur