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Wahlkampfauftakt der AfD ohne den Spitzenkandidaten

Hält die AfD-Wagenburg auch, wenn der Verdacht von Landesverrat im Raum steht?

KLAUS KELLE
Maximilian Krah bei einer AfD-Wahlkundgebung („Bürgerfest“) zur Oberbürgermeisterwahl in Nordhausen

Als ich erfuhr, dass sich AfD-Chef Tino Chrupalla gestern beim Wahlkampfauftakt in der Donauhalle von Donaueschingen mit den Worte „Vielen Dank, lieber Max“ für Krahs Nichterscheinen bedankte, musste ich lachen. Genau das ist es, was mich in den vergangenen Jahren an der Parteipolitik so abstößt. The Show must go on, immer souverän, immer auf Kurs, selbst unter Wasser.

Maximilian Krah war ursprünglich gestern in Donaueschingen die große Bühne bereitet worden: Auftakt zum Europawahlkampf. Und er der gefeierte Spitzenkandidat. Doch nach einem Sechs-Augen-Gespräch mit der Parteispitze habe man in der Woche vereinbart, dass Krah dort lieber nicht erscheinen soll. Hintergrund ist die am Dienstag bekanntgewordene Festnahme seines langjährigen Mitarbeiters Gian G., der für den chinesischen Geheimdienst spioniert haben soll.

Überraschend, dass so etwas irgendwann passieren würde, kommt der aktuelle Fall nicht.

Maximilian Krah ist seit Jahren bekannt dafür, dass er – vorsichtig formuliert – keinerlei Berührungsängste gegenüber antiwestlichen Autokratien wie Putins Russland und China pflegt. Unvergessen das peinliche Werbevideo Krahs zum 70. Jahrestag der „Autonomen Region Tibet“, das zwischenzeitlich im Internet nicht mehr zu finden war. Sie können sich hier selbst einen Eindruck machen. Zur Erinnerung: Der Mann ist ein DEUTSCHER Parlamentarier, der DEUTSCHE Interessen im Europaparlament vertreten soll.

In der AfD ist die „Verschwörungs“-Maschinerie längst wieder angesprungen und läuft auf Hochtouren. Aber in der Partei ist zunehmend das Unbehagen gegenüber Leuten wie Krah spürbar. Auch hochrangige AfD-Politiker sagen im persönlichen Gespräch, dass „der Mann“ überhaupt nicht gehe. Ein Brüsseler Lobby-Mann aus Deutschland sagte mir mal in einem Gespräch: „Jeder Politiker, der hier in meinem Büro beim Kaffee sitzt, fragt irgendwann nach Geld, nach Unterstützung für den Wahlkampf.“ Das ist das Wesen solcher Gespräche. Aber er sagte auch: „Niemand tritt dabei so dreist auf wie Herr Krah.“

Ich kann das nur erzählen hier, ob es tatsächlich so ist, halte ich zwar für denkbar, aber ich weiß es nicht sicher. Die Unschuldsvermutung gilt natürlich auch für AfD-Politiker. Und wenn sein Assistent wegen Spionagevorwürfen festgenommen wird, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass Krah selbst persönlich involviert sein muss. Doch natürlich ist auch das möglich

Maximilian Krah ist zumindest eine schillernde Gestalt

Der vor nicht langer Zeit von der eigenen Fraktion im EU-Parlament monatelang suspendiert worden war. Es ging da um, sagen wir, Unstimmigkeiten bei einer Ausschreibung für einen Auftrag. Nach internen Ermittlungen der Verwaltung des EU-Parlaments sei das Ermittlungsverfahren an die internationale Staatsanwaltschaft in Brüssel weitergegeben worden. Ob es heute noch läuft, konnten wir bisher nicht sicher in Erfahrung bringen.

Halten wir uns also weiter an den aktuellen Fall

Medien deckten jetzt auf, dass das Büro des EU-Abgeordneten Maximilian Krah mehrfach vertrauliche (geheime?) Dokumente des EU-Parlaments zur Außenwirtschaft der Europäischen Union abgerufen habe. Eine interne Untersuchung der Ausschuss-Verwaltung über die Nutzung des sogenannten Sharepoints-Systems des Gremiums brachte das zum Vorschein, schreibt der „Spiegel“. Über dieses System erhalten Abgeordnete Zugang zu Unterlagen. Wurden die Dokumente vom Abgeordneten selbst angefordert? Oder von seinem Assistenten, der jetzt in Untersuchungshaft sitzt?

Gegen Krah sind jedenfalls Vorermittlungen eingeleitet worden, angeblich wegen Zahlungen aus China und Russland. Sie erinnern sich an die Vorwürfe vor wenigen Wochen im Zusammenhang mit Behauptungen des tschechischen Geheimdienstes gegen Krah und den Bundestagsabgeordneten Petr Bystron, der auf der aktuellen Europaliste der AfD hinter Krah auf Platz 2 steht.

Wird das alles Folgen für die AfD an der Wahlurne haben im Juni?

Das wird sich zeigen, die Partei liegt derzeit in Umfragen bundesweit bei 15 Prozent. Wird die Wagenburg-Mentalität halten?

Beim rechten Flügel der Rechten herrscht die übliche Durchhaltementalität. Das „System“ ist schuld, die bösen Mainstream-Medien, jetzt vor den Wahlen wollen sie uns wieder an den Karren fahren. Und wenn man sich den Umgang der anderen Parteien, der Medien aber auch zum Beispiel des Bundeamtes für Verfassungsschutz in den vergangenen Jahren mit der AfD anschaut, ist das Misstrauen verständlich, ja durchaus nachvollziehbar.

Aber hier reden wir über mögliche gravierende Fälle von Landesverrat, von Abgeordneten, die von der AfD aufgestellt, vom Volk gewählt und bezahlt werden und die im Verdacht stehen, auf eigene Kasse ihr Land an andere Staaten verraten zu haben. Ich kann mir schwer vorstellen, dass eine Partei, die sich selbst als patriotisch empfindet und als Verteidigerin unserer nationalen Interessen das einfach durchwinkt.

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Klaus Kelle, Chefredakteur