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Lasst die Katalanen frei!

Am Ende einer Veranstaltung zur Unterstützung des Referendums werden in Barcelona katalanische Fahnen geschwenkt. Foto: Matthias Oesterle

von FELIX HONEKAMP

Dass dieser Beitrag zu unserem deutschen Nationalfeiertag erscheint ist eher Zufall, denn wenn gerade gestern wieder von „Nation“ die Rede ist, dann schauen viele gebannt auf Spanien und Katalonien: Hunderte Verletzte bei dem Versuch, ein Unabhängigkeitsreferendum durchzuführen. Die Katalanen – zumindest ein nicht zu vernachlässigender Teil von ihnen – möchte nicht mehr Teil Spaniens sein. Hintergründe kann man nachlesen, Gegenstimmen genauso. In jedem Fall gehöre ich zu denen, die einer solchen Initiative in erster Linie positiv gegenüber stehen. Denn wenn ein Großteil der Bevölkerung die Zugehörigkeit zu einem Staat ablehnt, dann sollte man schon genau hinhören.

Spanien ist nicht eben ein kleines Land, unterschiedlichste Regionen und damit auch Mentalitäten, von denen wir Deutsche, wenn wir nicht gerade geschäftlich mit ihnen zu tun haben, im Wesentlichen nur die Mittelmeerkultur kennen – und vielleicht auch nur die Balearen und das, was deutsche Urlauber dort unter spanischer Gastfreundschaft verstehen. Und nun sagt ein Teil davon – nehmen wir mal an, es sei die Mehrheit: Mit dem Rest Spaniens verbindet uns nicht viel mehr als eine zufällige Grenze und die sich daraus ergebenden Verwaltungs- und Regierungsstrukturen. Wir sind nicht Spanier, wir sind Katalanen!

Sollte die Mehrheit einer Region eine solche Entscheidung treffen können? Das sollte sie, jedenfalls dann, wenn sie alle Konsequenzen kennen. „Gesellschaftliche Einheiten“ wie ich sie mal nennen will, benötigen eine gewisse Mindestgröße um die sie betreffenden Herausforderungen nachvollziehbar bewältigen zu können. Subsidiarität ist das Stichwort, bei dem Probleme dort gelöst werden, wo sie am besten gelöst werden können und nicht dort, wo eine Zentralregierung eine solche Lösung anordnet. Je umfassender solche Fragestellungen sind, umso größer das zugrundliegende, notwendige Territorium, in dem man solche Fragestellungen angeht. Auch das muss dann kein Staat sein, es reicht oft auch der friedliche Austausch, freier Handel und ein gegenseitiges Verständnis von „Treu und Glauben“ im Umgang miteinander. Das – nur so nebenbei – sollte Europa prägen: Wer miteinander Geschäfte macht, der bringt sich nicht gegenseitig um – das war die Erkenntnis der Gründerväter der EU, und die würden sich vermutlich die Augen reiben ob des zwischenzeitlich entstandenen Verwaltungsmolochs.

Ludwig von Mises, libertärer Vordenker und einer der Begründer der österreichischen Schule der Nationalökonomie hat die Frage des Selbstbestimmungsrechts in seinem Standardwerk „Liberalismus“ bereits 1927 in weingen griffigen Sätzen beschrieben: „Das Selbstbestimmungsrecht, von dem wir sprechen, ist nicht Selbstbestimmungsrecht der Nationen, sondern Selbstbestimmungsrecht der Bewohner eines jeden Gebietes, das groß genug ist, einen selbständigen Verwaltungsbezirk zu bilden. Wenn es irgend möglich wäre, jedem einzelnen Menschen dieses Selbstbestimmungsrecht einzuräumen, so müsste es geschehen. Nur weil dies nicht durchführbar ist, da die staatliche Verwaltung eines Landstrichs aus zwingenden verwaltungstechnischen Rücksichten einheitlich geordnet sein muss, ist es notwendig, das Selbstbestimmungsrecht auf den Mehrheitswillen der Bewohner von Gebieten einzuschränken, die groß genug sind, um in der politischen Landesverwaltung als räumliche Einheiten aufzutreten.“

Solle Katalonien zu klein sein? Nicht viel kleiner jedenfalls als die Schweiz und größer als Luxemburg oder Liechtenstein. Ersteres und letzteres nebenbei neutral und durchaus in der Lage, mit anderen Staaten zu kooperieren. Es gibt schlicht keinen Grund, Katalonien nicht in die Unabhängigkeit, die staatliche Freiheit von Spanien und in die Selbstverantwortung zu entlassen. Im Gegenteil mag gerade diese Autarkie den Beziehungen zwischen Katalonien und dem restlichen Spanien sogar gut tun. Der einzige Grund, der gegen ein solche Selbständigkeit spricht, ist die spanische und wohl auch EU-europäische Befürchtung, dieses Beispiel könne Schule machen – und aus wäre es mit den Gedankenspielen eines aus Brüssel verwalteten transeuropäischen Molochs. Aus wäre es mit dem Alptraum der Vereinigten Staaten von Europa – und die Idee vieler kleiner Nationalstaaten könnte – geläutert durch die jüngere Geschichte nationaler Katastrophen in Kriegen – ihre Vorteile ausspielen.

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Klaus Kelle, Chefredakteur