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Milliardengeschäft Fußball: Kommt mir nicht mit „11 Freunde sollt ihr sein!“

Klaus Kelle

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser!

Einige von Ihnen wissen, dass ich vor 50 Jahren mein Herz an einen kleinen, widerborstigen Fußballverein am Teutoburger Wald verloren habe. Der siegreiche Feldherr, ein Cheruskerfürst namens Arminius, der den Römern damals ordentlich aufs Maul gab, ist auch der Namenspatron dieses kleinen, aber ungewöhnlichen Provinzvereins in Bielefeld.

Gestern war ich beim 2:0-Erfolg gegen den Traditionsverein 1860 München im Stadion dabei

Die tonangebenden Fangruppen auf „der Süd“ wiesen vor Anpfiff per Lautsprecher und Transparent darauf hin, dass man die ersten 12 Minuten des Spiels  schweigen werde – so wie unsere Gäste aus München auch. Lediglich vor Anpfiff noch ein wechselseitiges „Scheiß DFB“ mit den Kollegen im Gästeblock war erlaubt. Dann Ruhe. Als 12 Minuten vorbei waren, brach wie gewohnt der Orkan aus.

Warum sollten wir protestieren?

Es ging gar nicht um den Deutschen Fußball-Bund (DFB), sondern um die Deutsche Fußball-Liga. Denn die vermarktet die Erste und Zweite Bundesliga und ist dafür zuständig, möglichst viel Kohle zum Beispiel von den Staatssendeanstalten abzugreifen – also Geld, dass Sie und ich bezahlen müssen. Warum auch immer.

In der Dritten Liga also zu protestieren, dürfte wenig zielführend, dafür aber Ausdruck einer hilflosen Solidarität sein.

Was die Fans in den Stadien so erzürnt, ist ein Beschluss, den 24 der 36 Erst- und Zweitligavereine vor einer Woche gefasst haben.

Beschlossen wurde, dass sechs bis neun Prozent der Anteile einer DFL-Tochtergesellschaft, in der die kompletten Medienrechte ausgelagert sind, für 20 Jahre verkauft werden. Dafür soll es zwischen 800 Millionen und einer Milliarde Euro geben. 300 Millionen davon werden nach einem bestimmten Schlüssel an die Clubs verteilt, was deren Möglichkeiten deutlich verbessert, in die Zukunft zu investieren.

Alles gut eigentlich – aber böser, böser Kapitalismus

Und an diesem Punkt wird es irre. Der deutsche Fußballfan nämlich mag marktwirtschaftliche Spielregeln überhaupt nicht, besonders wenn der auch finanziell übermächtige FC Bayern München mal wieder die Topspieler aufkommender Konkurrenten einfach weg kauft. Dann kocht die Volksseele in den Stadien: „Zieht den Bayern die Lederhosen aus …“

Aber die Wahrheit ist doch, dass erfolgreicher Spitzenfußball ohne viele Geld, ohne richtig viel Geld, überhaupt nicht möglich ist. Dass Harry Kane beim FC Bayern jetzt Tore am Fließband schießt, ist doch nicht der Jugendarbeit des Clubs geschuldet. Sondern die haben den Ausnahmespieler für 100 Millionen Euro einfach gekauft – 10 Millionen stehen für Bonuszahlungen bereit. It’s business, stupid! 25 Millionen bekommt der Mann als Jahresgehalt fix, dann gibt es noch Prämien.

Kommt mir nicht mit „11 Freunde sollt ihr sein“!

Das ist Fußball-Romantik, hat aber nichts mit dem Geschäft Profifußball zu tun. Ich freue mich auch, wenn ich vor dem Spiel in Bielefeld meinen Schal zwischen tausenden Gleichgesinnten hochhalte und den ostwestfälischen Gassenhauer „Ein Ball, ein Schuss, ein Schrei, ein Tor – Bielefeld vor“ in den Abendhimmel schmettere. So wie der Schalker den „königsblauen S 04“ oder im Ruhrstadion regelmäßig „der Steiger kommt“ gesanglich zelebrieren. Aber wer das haben will, der soll dann nicht von Meisterschaft und Champions League faseln.

So kann ich mich persönlich auch wenig über „Plastikclubs“ wie RB Leipzig, VfL Wolfsburg oder Bayer Leverkusen aufregen. Besonders die letztgenannten spielen zurzeit einen galaktischen Fußball, wo selbst die Bayern oft nur staunen können. Und weshalb? Weil der Trainer in der Kabine den Tee selbst kocht und seine Frau Brote für die Jungs geschmiert hat?

Fußball ist das Milliardengeschäft mit der Leidenschaft von vornehmlich Männern auf der ganzen Welt. Wenn man fairen Wettbewerb haben will, dann sollte man die ganz Großen in einer internationalen Liga spielen lassen, das ist meine Meinung. Bayern, Dortmund, Leverkusen, meinetwegen Leipzig – gemixt mit Inter Mailand, Manchester City, AS Rom, Paris Saint Germain und den anderen Mega-Truppen. Aber FC Bayern jedes Jahr nach Mainz, Darmstadt oder auch mal Bielefeld – das ist im Grunde lächerlich, selbst wenn es für unsereins Lebenselixier ist. In 50 Jahren habe ich dreimal live erlebt, wie meine kleine Arminia den großen FC Bayern besiegt hat. Mehr brauchste nicht als ostwestfälischer Fußballfan. Als Delron Buckley den Titan Oli Kahn zum 3:1 tunnelte … unglaublich. Im Grunde könnte ich jetzt sterben. Mehr ist für uns nicht drin.

Mit sportlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Klaus Kelle, Chefredakteur