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Schade, dass wir nicht Gedanken lesen können

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

man kann einfach nicht in die Köpfe der Leute reinsehen. Und das ist irgendwie beunruhigend.

Du sitzt jemandem gegenüber und verhandelst über den Kauf seines Autos. Das sieht klasse aus, der Preis ist angemessen hoch, aber in Wirklichkeit ist das Ding Schrott. Und das merkst Du erst viel später. Hätte man gewusst, was der andere bei den Verhandlungen dachte, wäre das nicht passiert.

In der Hollywood-Komödie „Was Frauen wollen“ macht sich Mel Gibson zu dem Thema zum Clown.

Warum schreibe ich heute Morgen darüber?

Das hat einen durchaus ernsten Hintergrund. Denn gestern um 13 Uhr Ortszeit hat sich vor der israelischen Botschaft in Washington ein Mann selbst in Brand gesetzt. Er hatte sich mit einer Flüssigkeit übergossen und angezündet. Es dauerte etwa eine Minute, bis Sicherheitsleute bei ihm waren und das Feuer löschen konnten. Der Mann wurde mit lebensgefährlichen Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht, sein Zustand ist weiter kritisch.

Als er sich anzündete, habe er nach Aussagen von Zeugen mehrfach „Free Palestine“ (Befreit Palästina) gerufen, bevor er zusammenbrach.

Jetzt wurde bekannt, dass es sich bei dem Mann um einen aktiven Angehörigen der US-Luftwaffe handelt. Was genau er für die Air Force macht, ist mir noch nicht bekannt. Aber die USA sind der wichtigste Partner Israels, allein die Supermacht Amerika hat jahrzehntelang dafür gesorgt, dass der Staat der Juden inmitten von Feinden überleben konnte.

Vielleicht stellt sich heraus, dass der Mann, der Palästina befreien will, indem er sich anzündet, nur ein HiWi war, der in der Kaserne täglich Kaffee kochen und den Tisch abräumen musste. Vielleicht ist er aber auch ein Pilot, der einen Kampfjet steuerte. Wie kann man herausfinden, was jemand wirklich denkt? In George Orwells „1984“ werden viele Verfahren vorgeschlagen und man hat heute manchmal den Eindruck, manche unserer Regierenden haben „1984“ sehr intensiv studiert.

Ich meine, das Thema ist besonders bei Geheimnisträgern wichtig. Bei Militär und Geheimdiensten. Wenn sich herausstellt, dass ein Analyst beim Bundesamt für Verfassungsschutz seit Jahren für die Russen Geheimdokumente klaut und weiterleitet.

Oder andersherum. Ich hatte in den 90er Jahren mal die Gelegenheit bei einem Vortrag den DDR-Überläufer Werner Stiller kennenzulernen.

Der arbeitete zehn Jahre lang beim Ministerium für Staatssicherheit, Hauptabteilung A, in Ost-Berlin und war zuständig für Auslandsspionage, Bereich: Atom- und Raumfahrtspionage. Ein Führungsoffizier der Stasi. Niemand in der Stasi-Zentrale an der Normannenstraße hätte Stiller irgendwas Böses zugetraut, ein Kollege, ein Kamerad, unterwegs im Auftrag des Sozialismus.

Am 18. Januar 1979 führ er mit ein paar Koffern und zehntausenden Seiten mit Spionageberichten über westdeutsche Kernforschung, Klarnamen von Spionen, die in der Bundesrepublik für die DDR schnüffelten und den Konzernen, in denen sie beschäftigt waren, in den Westen.

Das ist wie bei Serienmördern, die auffliegen. Immer lesen wir dann später in den Zeitungen Aussagen von Nachbarn, die sagen, er sei „immer so nett“ gewesen, habe gegrüßt im Treppenhaus und Oma die Tür aufgehalten.

Ja, es wäre schon schön, wenn man Gedanken lesen könnten.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr Klaus Kelle

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Klaus Kelle, Chefredakteur