Wie Indiana Jones aus dem Parkhaus kämpfen – und dann Reichstag gucken bei Nacht
Liebe Leserinnen und Leser,
guten Morgen und einen sonnigen Start ins Wochenende!
Wenn Sie im Penny-Markt morgens einkaufen und vor Ihnen steht eine etwa 70 Jahre alte Frau mit einem Einkaufswagen, in dem nahezu ausschließlich Radieschen aufgeschichtet sind. Und diese Frau hat – im Supermarkt beim Einkauf – ihren Fahrradhelm eng um den Kopf geschnallt, trägt eine pinkfarbene Stretchhose und rote Flip-Flops, dann wissen Sie, wo sie sind, oder?
Na klar, dit is Berlin…
Regelmäßige Leser meiner Beiträge wissen, dass ist Berlin total mag. Trotz allem. Die Stadt ist dreckig, wird seit Jahrzehnten erbarmungswürdig schlecht regiert, die Berliner sind laut und manchmal schmerzhaft direkt – aber die Stadt hat dennoch was. „Vibes“ würde Peter Fox das nennen…
Bei den europäischen Metropolen ist Berlin für mich persönlich – hinter Rom und Wien – die Nummer 3 der Hitliste. Nicht, weil sie schlecht regiert wird, sondern trotzdem.
Gestern Abend war ich mit unserer 14-jährigen Tochter in der Stadt unterwegs. Nachos mit Käse im „Route 66“, dann rübermachen nach Prenzlauer Berg in die Kulturbrauerei, den aktuellen „Indiana Jones“ gucken. Zugegeben, es war nicht ganz einfach, aus dem Parkhaus wieder herauszukommen, weil die Eisentür, aus der wir abends dort hinausgegangen waren, nachts verschlossen ist. Dann zum Fahrstuhl. Der führt nur nach unten in U1 und U2, mein Auto stand aber oben in 2. Außerdem akzeptierte das Gerät, das angeblich Zugang zum Fahrstuhl gewähren sollte, unseren ordentlich erworbenen Parkschein nicht.
So gingen wir halt ins Parkhaus auf der Fahrspur zu Fuß, wo Fußgänger nicht gehen dürfen. Wir ignorierten alle Lampen, die wegen irgendwas rot leuchteten, gingen einfach da lang, wo wir nach Gefühl den BMW finden könnten, und schafften es irgendwann auch raus. So ähnlich wie „Indy“ vorher auf der Leinwand, der auch immer eine Lösung findet, um aus brenzligen Situationen rauszukommen -auch ohne Lederhut und Peitsche.
Um 2.30 Uhr fuhren wir dann los in Richtung Unterkunft, aber – da bin ich ganz Papa – nicht ohne dabei ein paar Schleifen und politische bzw. historische Exkursionen bei meiner müden Tochter anzubringen. Mit abwechselnd Jam FM und Kiss FM im Radio.
Vorbei am Kanzleramt – Olaf Scholz interessierte sie wirklich nicht – hin zum Brandenburger Tor. Das wird um diese Zeit enttäuschender Weise nicht angestrahlt. Auf einer Seite kann ich das verstehen, wenn Energie teuer ist und der Staat sparen muss. Auf der anderen Seite: Ein Land, dass jedes Jahr Milliarden verballert für illegale Migranten, für sinnfreie Klimaschutzmaßnahmen, Kriege und einen vollkommen nutzlosen Staatsfunk, spart bei zwei, drei Strahlern für das weltweit bekannteste Wahrzeichen der Stadt? Ich weiß ja nicht….
Wenigstens unser Staatsoberhaupt lässt es krachen. Das Schloss Bellevue erststrahlt auch gegen 3 in leuchtender Pracht. Und: Der Reichstag nachts ist mega. Ich war oft davor auf der großen Wiese (die heute eine Baustelle ist) bei Demos oder drin bei Bundestagsdebatten, Interviews und Hintergrundgesprächen. Aber jedes Mal beeindruckt mich dieses phantastische Gebäude aufs Neue. Und unser Kind filmte ein „Reel“ für ihre gleichaltrigen Freundinnen am Niederrhein, die erstaunlicherweise um diese Zeit ebenfalls alle noch wach waren. „Den Reichstag gibt’s ja wirklich“, scherzte sie, die das stattliche Gebäude bisher nur aus den Fernsehnachrichten kannte. Und besonders begeistert war sie von den schwarz-rot-goldenen Fahnen, die – angestrahlt – munter flatterten. Ich nutzte die Gelegenheit, um ihr vom 9. November 1990 zu erzählen, als ich hit mit Kopfhörer und Mikrofon für ein Dutzend Privatradios in Deutschland live von der Vollendung der Deutschen Einheit zu berichten. Papa erzählt aus dem Krieg sozusagen…
Im November ist sie auf Klassenfahrt wieder in Berlin. Dann wird sie ihren Freundinnen selbst zeigen, dass diese Metropole auch heute noch eine Reise wert ist…
Mit herzlichen Grüßen,
Ihr Klaus Kelle
Neueste Früher Vogel
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Klaus Kelle, Chefredakteur