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Angst ist ein Lügner: Stück für Stück rauben sie uns die Freiheit für eine „gute Sache“

von FELIX HONEKAMP

Pandemie hin oder her – es ist an der Zeit, endlich einen Blick über den Tellerrand, die Zustandsbescheibung, hinaus zu wagen. Im Geschäftsleben und auch mit Blick auf das gesellschaftliche Leben spricht man dabei heute von einem „New Normal“, dem „Neuen Normal“, wenn es darum geht, vorauszusagen, wie denn das Leben nach der Pandemie (wenn dieser Zustand denn formal überhaupt je erreicht wird) weitergehen wird.

Nicht wenige hatten in den vergangenen Monaten, im vergangenen Jahr, echte, tiefgreifende, existenzielle Angst vor diesem Virus. Politik und Medien haben ihren Teil dazu beigetragen, dass man den Eindruck gewinnen konnte, man müsse nun mit Millionen Toten in diesem Land rechnen, mit Leichenbergen in und vor den Krankenhäusern. Mancher hatte Bilder aus Endzeitfilmen vor Augen, Horrorfans vielleicht „Das letzte Gefecht“ von Stephen King, in dem eine Krankheit den größten Teil der Menschheit auslöscht und der verbliebene Rest zum finalen Kampf Gut gegen Böse antritt. Diese Bilder waren schon zu diesem Zeitpunkt irrational, und mit ein bisschen Abstand darf man mutmaßen, dass die Angst vielleicht auch nur ein geeignetes Vehikel gewesen ist, um die Mehrheit der Bevölkerung auf Einschränkungen der Grundrechte einzuschwören, wie wir sie hierzulande seit dem Zweiten Weltkrieg bzw. im Ostteil seit der Wiedervereinigung nicht mehr erlebt haben.

Aber im Rückblick: Die Angst, bewusst oder unbewusst geschürt, war tatsächlich irrational. Angst, so sagt es ein Sprichwort, ist ein Lügner – immer. Aus christlicher Sicht ist Angst am Ende immer ein Mangel an Vertrauen, aber auch aus rein säkularer Sicht, lässt Angst in unseren Köpfen Bilder entstehen, die in bestimmt 98 Prozent aller Fälle schlimmer sind, als das was wirklich ist und was werden kann. Man kann sich dieser Angst aber kaum verschließen; insbesondere schafft es nicht eine Mehrheit der Gesellschaft, eine existenzielle Angst wie die vor Krankheit, Katastrophen und Tod, manchmal auch nur vor Armut, sozialem Abstieg und ganz allgemein vor negativen Zukunftsentwicklungen zu rationalisieren und damit zu entkräften. Damit wird Angst, das haben wir lernen müssen und dürfen, zu einer Quelle der Motivation: Wenn beispielsweise eine Regierung etwas erreichen möchte, aber Zweifel hat, ob eine Mehrheit davon zu überzeugen ist, dann kann sie es immer noch mit der Angst versuchen.

Und mit diesem Blick, abstrahiert von der Corona-Pandemie, kann einem um dieses Land, vielleicht auch um die Welt, tatsächlich „Angst und Bange“ werden. Denn wo ist die Grenze, bei der Menschen in der Mehrheit die Ratio einschalten und versuchen abzuwägen zwischen der Angst vor zukünftigen Entwicklungen und den negativen Konsequenzen der Maßnahmen zur Einhegung dieser Entwicklungen? Schon jetzt wird in der politischen Sphäre offen darüber gesprochen, dass doch der Klimawandel auch so etwas wie eine Pandemie darstellen würde. Es werden Endzeitbilder einer klimatisch überhitzten Welt an die Wand gemalt, die wir uns und unseren Kindern nicht zumuten wollen.

Könnte es vor dem Hintergrund solcher Perspektiven nicht sinnvoll sein, die Freiheitsrechte einzuschränken, wenn man damit diese Entwicklung bremsen kann? Wieso muss jeder das Recht haben, sich ein kleines Haus zu bauen, in den Urlaub zu fahren oder zu fliegen, womöglich mehrmals im Jahr, und damit zu viel CO2 zu erzeugen? Wieso muss jemand das Recht haben, drei-, viermal die Woche Fleisch auf den Esstisch zu bringen, wenn dessen Ökobilanz deutlich schlechter ist als die von ökologisch angebautem Gemüse? Warum muss jemand das Recht haben, einen SUV zu fahren, der mehr Sprit verbraucht als ein kleines 3-Liter-Auto oder ein E-Mobil? Ist es nicht nachvollziehbar, solche Dinge zu begrenzen, um unsere Kinder vor dem schleichenden Hitzetod zu bewahren? Was für ein Unmensch, der auf seinen Luxus zu Lasten kommender Generationen besteht.

Man muss aber nicht gleich die Weltuntergangskeule schwingen, es geht auch eine Nummer kleiner: Wieso muss jemand mehr als -sagen wir – 100.000 Euro im Jahr verdienen, die er doch sinnvoll gar nicht ausgeben kann, wenn andernorts Menschen nicht wissen, wie sie am Monatsende noch etwas zu essen auf den Tisch bringen sollen? Kann man, ja muss man so etwas nicht verbieten? Und mit welchem Recht geben manche Menschen für ein schickes Abendessen im Restaurant hunderte Euro aus, wenn doch gleich nebenan jemand auf einer Parkbank übernachten muss? Ist es der Zusammenhalt der Gesellschaft nicht wert, solche Dinge zu unterbinden, einzuschränken und zu verbieten?

Und wieso muss jemand sagen dürfen, dass das alles viel zu sehr nach politischem Autoritarismus klingt, als dass man als mündiger Bürger bereit sein dürfte, das Spiel auch nur noch eine Sekunde mitzumachen, wenn es doch am Ende nur Unruhe schürt und die Einsicht der Bevölkerung in die Notwendigkeit der guten Sache beschädigt? Muss man solche Äußerungen nicht verbieten, oder dem, der sie äußert zumindest die Möglichkeiten zur Verbreitung in den sozialen Medien vorenthalten?

Angst ist ein Lügner, aber ich habe Sorge, dass die oben gestellten Fragen zwischenzeitlich von einem erheblichen Teil der Menschen ganz anders beantwortet werden, als wir uns das im Sinne der Freiheit wünschen können. Am Ende dieses Prozesses steht dann eine Gesellschaft, die wir uns heute nicht vorstellen mögen und vor deren Entstehung man durchaus Angst haben kann.

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Klaus Kelle, Chefredakteur